Apostolische Gemeinde des Saarlands

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Die Apostolische Gemeinde des Saarlandes (AGdS) ist als eigenständiger Verein 1952 vom Evangelisten Herbert Schmidt nach seinem Ausschluss aus der Neuapostolischen Kirche (NAK) gegründet worden.

Die Entstehungsumstände und Entwicklung der Gemeinde sind aus drei Gründen interessant: Zum ersten steht die AGdS exemplarisch für viele Splittergruppen der Neuapostolischen Kirche, die lieber sehr kleine eigenständige Gemeinschaften gründen anstatt sich größeren und existenzfähigeren Gruppen anzuschließen. Zum zweiten spiegelt ihre Entstehung die Problematiken in der Neuapostolischen Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg. Drittens zeigten sich in ihr die Spannungen, die im Umfeld der Botschaft des Stammapostels Johann Gottfried Bischoff in etlichen neuapostolischen Gemeinden auftraten.

Embelm der AGdS in der Kirche Völklingen

Vorgeschichte

Im Saarland waren nach dem Ersten Weltkrieg die neuapostolischen Gemeinden bis zur Rückgliederung ins Deutsche Reich 1935 der Verwaltung des schweizerischen Bezirksapostels unterstellt. Die Neuapostolische Kirche des Saarlandes hatte Mitte der 1940er Jahre etwa 4.000 Mitglieder und war in zwei Ältestenbezirke aufgeteilt. Sie unterstand bis Ende 1948 dem Bezirksapostel Emil Buchner. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand das Saarland unter französischer Militärverwaltung, und diese verbot der neuapostolischen Kirchenleitung, die in Frankfurt am Main ihren Sitz hatte, wegen ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit die Einreise. Außerdem plante sie seinerzeit noch eine Herauslösung des Saarlandes aus Deutschland. Aus diesem Grund empfing im Mai 1948 der französische Militärgouverneur Gilbert Grandval den Hauptleiter der Neuapostolischen Kirche, den Stammapostel Johann Gottfried Bischoff. Der Militärgouverneur erklärte dem Stammapostel, dass die der NSDAP angehört habenden neuapostolischen Funktionsträger Bezirksapostel Emil Buchner, Bischof Gottfried Rockenfelder und Bezirksevangelist Friedrich Bischoff im Saarland unerwünscht seien. Der Stammapostel sagte eine Änderung in der Führung der neuapostolischen Kirche im Saarland zu. Außerdem bestand die Militärverwaltung darauf, dass die neuapostolischen Gemeinden im Saarland einen eigenständigen Verein namens ’’Neuapostolische Gemeinden des Saarlands’’ gründeten.

Ähnliche Vorgänge betrafen im Saarland auch die römisch-katholische Kirche. Die französische Militärverwaltung des Saarlands verfolgte die Politik jegliche Bindungen des Saarlandes an Deutschland - auch kirchliche - zu kappen. Siehe hierzu auch: Engament des Vatikan im Saarland nach 1945

Der zuständige Bezirksevangelist Herbert Schmidt reichte daraufhin bei den Behörden eine Satzung ein, die er allerdings nicht mit seiner Kirchenleitung abgesprochen hatte. Daraufhin wurde er seines Amtes enthoben. Ab Januar 1949 wurden deshalb die Apostel aus der Schweiz, Ernst und Otto Güttinger und Rudolf Schneider mit der Bedienung der saarländischen Gemeinden betraut, was jedoch nicht überall auf Zustimmung stieß. Ernst Güttinger machte die Amtsenthebung Herbert Schmidts rückgängig. Im August 1950 besuchten daher im Auftrag des Stammapostels der damalige Stammapostelhelfer Peter Kuhlen und die Apostel Georg Schall und Walter Schmidt die Gemeinden im Saarland. Teile der saarländischen Amtsträger lehnten es ab, mit dem Stammapostelhelfer und seinen Begleitern in Gegenwart der Apostel aus der Schweiz zu sprechen. Besonders Apostel Ernst Güttinger wurde von deutschnationalen Mitgliedern abgelehnt, woraufhin sein Sohn Otto Güttinger als Leiter eingesetzt wurde.

Im Juni 1951 wurde er dann jedoch abgelöst und kurzfristig durch Apostel Georg Schall ersetzt. Am 5. August 1951 wurde der Gemeindeälteste Chrétien Dauber aus Frankreich zum Bezirksapostel ordiniert und mit der Betreuung der saarländischen Gemeinden betraut. Unter der Amtsführung dieses Apostels, der in Predigten die Apostel aus der Schweiz diffamiert haben soll, kam es wiederholt zu Tumulten, die sogar Polizeieinsätze notwendig machten. In seinen Predigten beschäftigte sich Apostel Chrétien Dauber gemäß der gerade aufkommenden Botschaft des Stammapostels mit der nahen Wiederkunft Christi, was vielfach auf Widerstand stieß. Apostel Dauber versuchte diese Unruhen in den Gemeinden zu beseitigen und Widerstände mit Amtsenthebungen und Ausschlüssen zu brechen.

Aufgrund eines Beschlusses der Bezirksapostelkonferenz der Neuapostolischen Kirche vom 17. Dezember 1951 wurden 1.264 der ca. 4.000 Mitglieder aus der Neuapostolischen Kirche des Saarlandes ausgeschlossen. Bezeichnend ist, dass der Beschluss noch von zwei Aposteln unterschrieben worden ist, die kurze Zeit später selber ausgeschlossen werden sollten: Peter Kuhlen und Gerrit Kamphuis. Die ausgeschlossenen Saarländer sammelten sich 1952 in acht Gemeinden, deren Leitung die Bezirksevangelisten Herbert Schmidt und Georg Simon übernahmen.

Am 11. Juni 1954 wurde auch Apostel Otto Güttinger aus der Schweiz seines Amtes enthoben und aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen. Er gründete daraufhin mit seinem Vater Ernst Güttinger die Vereinigung Apostolischer Christen in der Schweiz mit ca. 1.000 Anhängern. Überdies wandten sie sich an die Saarländer und übernahmen dort im September 1954 als ranghöchste Geistliche die geistige Führung. Am 24. Januar 1955 folgten dann die Ausschlüsse der Apostel Peter Kuhlen, Siegfried Dehmel und Ernst Dunkmann, die dann am 25. Januar 1955 in Düsseldorf mit etwa 10.000 Anhängern die Apostolische Gemeinschaft gründeten.

1955 – 1967

Am 30. März 1955 konstituierte sich die ’’Apostolische Gemeinde des Saarlandes’’ offiziell als Verein. Zum Vorsitzenden wurde der inzwischen zum Bischof ordinierte Herbert Schmidt gewählt.

Nach der Rückgliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland 1957 verließen die ersten Mitglieder die Gemeinschaft und schlossen sich der Gruppe von Apostel Eduard Gottfried Gaidies in Essen an. Dieser hatte sich schon früher von der Neuapostolischen Kirche gelöst und setzte sein unvergütetes Apostelamt gegen das der bezahlten neuapostolischen Apostel. Diese Gemeinschaft nennt sich Ur-apostolische Gemeinde. Es besteht heute wohl noch immer eine kleine Restgemeinde im Saarland, die gelegentlich von Günter Jegus aus Essen bedient wird. Die Essener Gemeinde hat sich vor einiger Zeit aus demographischen Gründen aufgelöst. Günter Jegus selbst ist aktuell wieder Mitglied der Neuapostolischen Kirche, deren Gottesdienste in der Gemeinde Essen-Rüttenscheid er gelegentlich besucht.

Von 1957 bis 1960 wurde ein eigenes Kirchengebäude in Völklingen errichtet, das am Pfingstsonntag, dem 5. Juni 1960 von Apostel Kuhlen eingeweiht wurde.

Die ’’Apostolische Gemeinde des Saarlandes’’ blieb organisatorisch von der Düsseldorfer Gemeinschaft getrennt, wiewohl sie sich geistlich deren Leitung unterstellte. Im Jahre 1967 beantragte Apostel Kuhlen als Vereinsmitglied in die Apostolische Gemeinde des Saarlandes aufgenommen zu werden und forderte zugleich die Wahl zum Vereinsvorsitzenden. Außerdem wollte er eine organisatorische und finanzielle Vereinigung anstreben. Diesen Anträgen wurde allerdings nicht entsprochen, woraufhin Peter Kuhlen die weitere Betreuung der saarländischen Gemeinden ablehnte. Es kam zu einer Spaltung, da mehr als die Hälfte der saarländischen Mitglieder zur ’’Apostolischen Gemeinschaft’’ hielt und deren heutige saarländische Gemeinde gründete.

In den 1950er-Jahren trennten sich einige Mitglieder von der AGdS und gründeten die Neue-apostolische Christengemeinde.

Eigenständigkeit

Die in der ’’Apostolischen Gemeinde des Saarlandes’’ verbliebenen Amtsträger wählten Herbert Schmidt zum Apostel, der dieses Amt im November 1967 antrat und bis zu seinem Ruhestand im Oktober 1984 ausübte.

Der Vereinsvorsitz wurde am 18. November 1983 von seinem Sohn Ortwin Schmidt übernommen, am 16. Juli 1984 wurde er dann mit nur 55% der Stimmen auch zum Apostel gewählt. Er übte beide Ämter bis zu seinem Rücktritt am 8. Dezember 2001 aus.

Ortwin Schmidt gab der Gemeinschaft, die bis dahin noch eine neuapostolische Theologie vertrat, 1987 mit der erstmaligen Herausgabe eines Glaubensbuches eine neue Ausrichtung. Er forderte eine Neuorientierung des Glaubens insbesondere im Hinblick auf Dogmen und die, seiner Meinung nach falschen, Lehren der christlichen Kirchen (z.B. Trinität, Jungfrauengeburt). Aufgrund des allgemeinen Mitgliederschwundes der christlichen Kirchen suchte er außerdem Kontakt sowohl zur Neuapostolischen Kirche wie auch zur Apostolischen Gemeinschaft, um über ein Zusammengehen zu sprechen. Die Lehrveränderungen und die Gespräche mit der Neuapostolischen Kirche führten dazu, dass 1988/89 etwa die Hälfte der damaligen Gemeindemitglieder zur ’’Apostolischen Gemeinschaft’’ wechselte.

Im Jahre 2000 lud der neuapostolische Stammapostel Richard Fehr die Leiter der im Laufe der Jahre abgespaltenen Gemeinschaften zu einem Gespräch zur Annäherung nach Zürich ein. Die neuapostolische Kirche bezeichnete dieses Treffen als ’’Konzil’’. Dabei wurde deutlich, dass sich Ortwin Schmidt in zentralen christlichen Glaubenssätzen, insbesondere der Trinität und der Gottessohnschaft Christi, von der Mehrheitsmeinung abgesetzt hatte. Eine Verpflichtung auf das Apostolische Glaubensbekenntnis lehnte Schmidt ab. Stammapostel Fehr sagte in einer seiner Ansprachen, dass die AGdS nahe am Unitarismus oder Arianismus sei. An den Folgegesprächen nahm die AGdS dann nicht mehr teil.

Heutige Situation

2001 ging Apostel Ortwin Schmidt in den Ruhestand und am 8. Dezember 2001 wurde Friedhelm Gräßer zum Apostel und Leiter der Gemeinschaft gewählt. Im Oktober 2005 verließ Ortwin Schmidt die Gemeinschaft und ist heute konfessionslos.

Die Gemeinschaft zählte 2001 noch etwa 100 bis 150 Mitglieder in zwei Gemeinden in Völklingen und Eschringen. Die Gemeinde Eschringen wurde 2006 geschlossen. Sie gibt eine Vierteljahreszeitschrift namens Wahrheit heraus, die in der Vergangenheit besonders durch kritische und zum Teil polemische Artikel von Ortwin Schmidt auffiel.

2004 wurden homosexuelle Amtsträger bestätigt und 2006 übernahmen auch Frauen ohne Ordination liturgische Aufgaben.

2006 wurde mit der Neuapostolischen Kirche eine Übereinkunft erzielt, dass die Mitglieder der AGdS künftig am ersten und letzten Sonntag im Monat an Gottesdiensten der NAK teilnehmen. Die NAK hat ihnen dabei die Teilnahme am Abendmahl angeboten. Dennoch will man zunächst seine Eigenständigkeit behalten.

Am 26. Februar 2006 entschuldigte sich in einem Gottesdienst in Saarbrücken der neuapostolische Bezirksapostel Hagen Wend im Beisein vieler Mitglieder der AGdS erstmals für die Ausschlüsse in den 1950er Jahren.

Am 5. Juli 2011 sprach Apostel Gräßer mit dem Stammapostel der Neuapostolischen Kirche Wilhelm Leber wegen einer Vertiefung der Beziehungen und weiteren Kooperationsmöglichkeiten. Weiter weckte er den Gedanken eines erneuten Apostolischen Konzils.

Quellen

Externe Links

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