Segenslinie
Von Segenslinie wird im neuapostolischen Kontext gesprochen, wenn Söhne, Schwiegersöhne oder andere nahe Verwandte in Ämtern ihren Verwandten folgen bzw. in andere höhere Ämter eingesetzt werden. Dieser Brauch der schon zur Zeit der Katholisch-apostolischen Gemeinden üblich war, ist auch in der Neuapostolischen Kirche vertreten. Stellenweise grenzen solche Vorfälle an Nepotismus.
Inhaltsverzeichnis
Katholisch-apostolische Gemeinden
Bekannte Segenslinien der KAG waren die Amtsträger der Familie Schwarz, ... Auch durch Heirat innerhalb der Gemeinden verwuchsen die Familien zu Segenslinien.
Neuapostolische Kirche
Eine der bekanntesten Segenslinien ist die des Stammapostels Johann Gottfried Bischoff, der seinen Sohn Friedrich Bischoff zum Apostel einsetzte. Dessen Schwiegersohn wiederum ist der heutige Stammapostel Wilhelm Leber, der mit Friedrichs Tochter Barbara verheiratet ist.
In der Gebietskirche Süddeutschland gab es 2006 einige Proteste, als Bezirksapostel Klaus Saur seinen Schwiegersohn Michael Ehrich zu seinem Nachfolger ernannte. Auch in der Nordamerikanischen Gebietskirche folgte auf Bezirksapostel Michael Kraus dessen Schwiegersohn Erwin Wagner.
Weitere bekannte Segenslinien, deren Angehörige allerdings in historische Konflikte mit der NAK verwickelt waren und den Begriff Segenslinie also in gewisser Weise konterkarieren, sind:
- Ernst Güttinger und Sohn Otto Güttinger (Schweiz)
- Paul Dach und Schwiegersohn Peter Kuhlen (Rheinland)
- Gottfried Rockenfelder und Sohn Hermann Gottfried Rockenfelder (Hessen)
- Anwar Riaz und Sohn Edwin Riaz
Kurzübersicht bekannter Apostel-Segenslinien der NAK
- Johann Gottfried Bischoff und Sohn Friedrich sowie dessen Schwiegersohn Wilhelm Leber
- Otto Steinweg und Sohn Arno Steinweg
- Hermann Dietrich Magney und Sohn Hermann
- Rudolf Schneider, Sohn Rudolf jun. und Enkelsohn Rudolf Schneider III.
- Ernst Güttinger und Sohn Otto
- Gotthilf Volz und Sohn Herbert
- Hendra Tansahsami und und Sohn Alfons Tansahtikno
- Gottfried Rockenfelder und Sohn Hermann Gottfried
- Hermann Schumacher und Sohn Karlheinz
- Karl Kühnle und seine Söhne Volker und Werner
- Edward Deppner und Söhne Stephen Edward und Michael David (Zaire)
- Fiaz Ud Din, sein Schwager Edwin Riaz und dessen Vater Anwar Riaz
- Charles Marihal und Bruder James (Indien)
- Vincent Bower, seine Brüder Sushil Sharad und Vishwas sowie dessen Sohn Samuel Sanjay (Indien)
- Brüder Somdee Srisang und Sukhum Srisang (Thailand)
- Johann Kitching sen. und Sohn Johann Kitching jun. (Südostafrika)
- Robert Ernest John de Vries (Südafrika) und Brian Ernest De Vries
- Michael Kraus, Sohn Nelson Kraus und Schwiegersohn Erwin Wagner
- Andrew James Fernandes, Bruder Hubert Fernandes und dessen Sohn Anthony H. H. Fernandes (Simbabwe)
- Madan Khushal und Sohn Karamat
- Ram Sahae und Sohn Vinod Kumar (Indien)
- Joseph Higelin, Söhne Robert, René und Henri Higelin (Frankreich)
- Brüder Joseph Bernard und Isaak Nantwi Kankam (Indien)
- John P. Fendt, Sohn John W. und Enkelsohn John W. jun. (USA)
- Brüder Ernest und Wilbert Vovak (USA)
- Klaus Saur und Schwiegersohn Michael Ehrich
- Pablo Alfredo Bianchi und Sohn Norberto Pablo (Argentinien)
Situation in der VAG
Auch die Gründer der Vereinigung Apostolischer Gemeinden entstammen teilweise sogenannten "Segenslinien" (Güttinger, Schweiz - Kuhlen, Deutschland). In Australien und Südafrika ist dieser Brauch bis heute anzutreffen. Nicht jedoch in Europa, wo seit dem 1. Februar 1960 eine Anweisung von Apostel Kuhlen gilt, dass Amtseinsetzungen naher Verwandter zwar nicht unmöglich, aber doch erschwert sind und der Zustimmung nicht betroffener und höherer Amtsträger bedürfen. [1]
Darin heißt es z.B.:
"Besonders möchte ich davor warnen, nahe Anverwandte (Söhne, Schwiegersöhne, Brüder und Schwäger) als Amtsbrüder zu bevorzugen. ... Nun liegt es in der Natur der Sache, dass die Liebe zu Blutsverwandten leicht den Blick trüben kann, so dass ein Vorschlagen ungeeigneter Verwandter für ein Amt selten in bewusster Bevorzugung geschieht, sondern meist in blinder Liebe. Darin liegen jedoch Gefahren, die wir nach Möglichkeit ausschalten wollen. Deshalb gebe ich hierzu nachstehend einige Anweisungen: Kein Amtsbruder darf einen seiner nahen Anverwandten von sich aus seinem Gemeindevorsteher in Vorschlag bringen. Kein Gemeindevorsteher darf seinem Bezirksvorsteher von sich aus einen seiner nahen Anverwandten für ein Amt vorschlagen. Und kein Bezirksvorsteher darf dem Apostel von sich aus einen seiner nahen Anverwandten für irgendein Amt vorschlagen. ... Und nun wiederhole ich noch einmal: Betet, dass der Herr Arbeiter sende in seinen Weinberg, denn die Ernte ist groß, aber verhältnismäßig wenig sind der Arbeiter."
Der Ausdruck "Segenslinie" und das dahinter stehende Phänomen ist in den apostolischen Gemeinden völlig unbekannt. Dies bedeutet natürlich nicht, dass nicht häufig Mitglieder einer Familie und auch Abkömmlinge im Amtsauftrag stehen. Dies ist allein aufgrund der geringen Größe der VAG nicht unüblich. Jedoch gibt es keine Fälle, wo höhere Amtsaufträge (Apostel, Bischöfe, Älteste) in naher Verwandtschaft stehen bzw. unmittelbar in ein Leitungsamt eingesetzt wurden. Beispielhaft seien hier die Apostel Johann Friedrich Kröner sen. und Johann Friedrich Kröner jun. aus den Niederlanden genannt, die aber nicht aufeinander folgten, sondern mit Christiaan Boermeester einen Nichtverwandten als Nachfolger bzw. Vorgänger hatten. Auch im Bezirk Düsseldorf der Apostolischen Gemeinschaft folgte dem Ältesten Manfred Keller nicht direkt sein Sohn Ulrich Keller, sondern es gab zwischen den beiden die Ältesten Horst Pörschke und Ulrich Hykes.
Einzelnachweise
- ↑ Peter Kuhlen: Rundschreiben an alle priesterlichen Ämter zur Amtseinsetzung von nahen Verwandten, 1. Februar 1960