Testimonium

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Unter dem Begriff Testimonium (lat.: Zeugnis, Beweis) wird allgemein eine Schrift(-reihe) der katholisch-apostolischen Apostel an die geistlichen und weltlichen Oberhäupter der Christenheit verstanden. Zumeist wird mit Testimonium das sogannte Große Testimonium bezeichnet, jedoch wurden eine Reihe von Testimonien verfasst und verwendet. Auch diese lagen in unterschiedlichen Fassungen und Versionen vor.

Die Testimonien enthalten im Wesentlichen Kritik an Gesellschaft und Moderne sowie an den kirchlichen Strukturen und Organisationen. Insbesondere im Großen Testimonium wird dargelegt, dass die Kirche Christi, verstanden als Menge aller Christen, durch Apostel geleitet werden muss.

Testimonium an William IV

Das erste Testimonium wurde zu Beginn des Jahres 1837 verfasst. In diesem Testimonium an den englischen König William IV. beklagt Apostel Spencer Perceval (1795-1859) das große Reformgesetz von 1832 als Abkehr von einer Regierung von Gottes Gnaden. Das Gesetz hatte erstmals seit dem Mittelalter den Kreis der Wahlberechtigten auf den Britischen Inseln erweitert (auf rund sieben statt zuvor fünf Prozent der Erwachsenen, siehe hier: Reformgesetz von 1832 bei Wikipedia). Die bestehenden Kirchen hätten versagt, einzig in einer neu unter Aposteln errichteten Kirche bereite Gott eine Zuflucht vor den unmittelbar bevorstehenden Gerichten.

Perceval konnte diese Schrift am 19. Januar 1836 an William IV. überreichen. Weissagungen hatten darauf hingewiesen, dass er sich in der Sprache der Politiker an diese wenden solle.

Testimonium an die englische Kirche

Ebenfalls 1837 erschien eine Schrift des Apostelkollegiums an die Geistlichkeit der Anglikanischen Kirche. Zunächst wird diese Kirche(-nabteilung) gelobt, weil sie das ursprünglich von Gott gegebene Kirchenmodell am reinsten bewahrt habe. Allerdings sei auch sie von Gottes Ordnungen abgewichen. Künftig wolle Gott die Christen aus dem geistlichen Babylon in eine von Aposteln geleitete Kirche führen. Die Apostel, die die ursprünglichen Ordnungen der Kirche wiederherstellen würden, seien bereits ausgesondert, aber noch nicht ausgesandt. Sobald dies geschehe, sollten die Geistlichen ihre Herden in das Werk unter Aposteln führen. Nur so könnten sie den künftigen Gerichten entgehen.

Großes Testimonium

Das Große Testimonium wurde von Apostel Cardale zusammengestellt und ab 1837 versandt. Papst Gregor XVI. und der österreichische Kaiser erhielten das Dokument über Mittelsmänner wie dem englischen Kardinal Charles Januarius Edward Acton, die geplante Übergabe an den französischen „Bürgerkönig“ Louis Philippe (1830 - 1848) gelang nicht.

Die englischen Apostel schrieben das Große Testimonium in der Überzeugung, die Merkmale einer Kirche nach Gottes Willen aufzeigen zu können. Die Verfasser beschrieben, dass diese Kirche in der Zeit der Urkirche zwar beschrieben, aber nicht realisiert wurde, da schon die frühen Christen – zunächst die aus den Juden, dann auch die aus den Heiden gesammelten – das Wirken der Apostel behinderten. In einem richterlichen Akt nahm Gott schließlich das Apostelamt fort. Verfall der Lehre und Verlust der Einheit wie auch eine verminderte Wirksamkeit des Heiligen Geistes waren die Folge. Nur unter den von Gott eingesetzten Ämtern könne es Kirche im eigentlichen Sinn des Wortes geben.

Im Großen Testimonium wird auch die Auffassung der englischen Apostel deutlich, dass sie die Taufe als Mitteilung des Heiligen Geistes zur Wiedergeburt verstehen. Die Erwartung, dass eine künftige Geistspendung durch Handauflegung von Aposteln als Ergänzung und „Festigung“ der Wassertaufe erwartet werden könne, erscheint bereits schemenhaft. Es bleibt offen, ob das Apostelamt als dauerhaftes Amt gedacht oder ob in der Wiedererrichtung dieses Amtes ein einmaliges endzeitliches Ereignis kurz vor der Wiederkunft Christi gesehen wird. Die Lehre vom vierfachen Amt basiert auf einer sehr speziellen Auslegung von Epheser 4, 11 in Verbindung mit einer typologischen Deutung anderer biblischer Aussagen.

Das Testimonium legt dar, dass in der apostellosen Zeit die verbliebenen Ämter in verminderter Kraft wirken. Ihre Träger haben sich in der Zukunft zu entscheiden, ob sie den Aposteln folgen oder Diener des Antichrist werden wollen. Zuvor muss durch Apostel eine Kirche ohne „Flecken oder Runzel“ errichtet werden, die dem künftigen Antichrist widerstehen kann. Sie bildet die Zuflucht vor der großen Trübsal. Die Bischöfe sollen dann ihre Herden in diese Kirche führen. Die Aussagen bleiben für unterschiedliche Deutungen offen. Treue Christen sollen den bestehenden Obrigkeiten gehorsam bleiben, auch wenn diese mit der Anerkennung der Lehre von der Volkssouveränität die Legitimation ihrer Herrschaft selbst in Frage stellen. Der erwartete Untergang aller Obrigkeiten wird durch die Anhänger des Antichrists herbeigeführt.

Bedeutung für die katholisch-apostolischen Gemeinden

Die Reaktion der verschiedenen geistlichen und weltlichen Häupter auf das Testimonium fiel ernüchternd aus. Eine Reaktion erfolgte nicht. Die Apostel schlossen hieraus, dass sie ihre Pflicht getan und gewarnt hatten, in Zukunft aber berechtigt seien, eine eigene kirchliche Organisation aufzubauen.

Zunächst aber begann 1840 mit dem Verlust der zwölffachen Aposteleinheit eine Zeit der Krise. Apostel Drummond veränderte den Schlussteil des Testimoniums. Er hielt es 1843 für unmöglich, dass vor der Wiederkunft Christi noch eine Kirche unter Aposteln errichtet werden könne. Apostel Cardale hingegen verwendete Teile des Testimoniums, um ein Handbuch für eine Kirche unter Aposteln zu erstellen.

Nachdem 1847 die Versiegelung eingeführt worden war, wurde der Aufbau einer kirchlichen Organisation neu in Angriff genommen. Zunächst wurde dem Großen Testimonium keine große Bedeutung mehr beigemessen. Seit etwa 1860 wurde es wieder vermehrt beachtet und für die Evangelisation verwendet. Nicht die Führer der Christenheit, sondern einzelne Mitglieder ihrer Herden sollten fortan durch dieses Dokument vom göttlichen Auftrag der Apostel überzeugt werden. Teilweise wird das Testimonium noch heute in Kreisen der katholisch-apostolischen Gemeinden für das größte christliche Zeugnis nach den Briefen der Apostel der Urkirche gehalten.

Bedeutung für die Neuapostolische Kirche

In der jungen neu-apostolischen Bewegung nach 1863 erlangte das Testimonium zunächst eine gewisse Bedeutung. Es wurde herangezogen, um die eigene Lehre, dass das Apostelamt fortbestand haben müsse, zu legitimieren. Salus zitiert in seinem Buch "Alte und Neue Wege" einen Brief des Apostels Schwarz, den dieser am 29. April 1891 verfasst hatte, und in dem er sich unter anderem auf Aussagen des Testimoniums berief, um zu zeigen, dass er und nicht Apostel Woodhouse die ursprüngliche apostolische Lehre vertrete. [1]

Jedoch kann auch heute noch von einer grundlegenden Bedeutung ausgegangen werden, da insbesondere im Großen Testimonium theologische Auffassungen vertreten werden, welche für die Neuapostolische Kirche bis heute grundlegend sind - insbesondere die Auffassung, dass christliche Kirche nur da im Vollsinn besteht, wo sie durch Apostel geleitet wird.

1932 erschien unter dem Titel Das Zeugnis der Apostel an die geistlichen und weltlichen Häupter der Christenheit ein Buch im Verlag Friedrich Bischoff und wurde den Mitgliedern der Neuapostolischen Kirche zum Kauf angeboten. Als Grundlage für dieses Buch diente Roßteuschers Übersetzung, deren dritte Auflage 1889 denselben Titel trug wie die Publikation von 1932. In diesem Text wurden weite Teile des Originaltextes verändert und gekürzt. Diese Ausgabe ist seit 1990 [2] Ursache von Kontroversen.

Links

Einzelnachweise

  1. Der Brief wurde auf Veranlassung des Apostels Krebs (o.O., o.J.) separat gedruckt, der Bezug auf das Testimonium findet sich dort auf der 2. Seite der unpaginierten Schrift. Im Nachdruck in Alte und Neue Wege, Leipzig 11912 ist die entsprechende Textstelle auf S. 274 (21913, S. 271) zu finden.
  2. Hans Diether Reimer, „Dokumentenfälschung?“, Materialdienst der EZW 9 (1990), S. 261-263.