Anlagebetrugsfall 2012

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Version vom 7. Oktober 2012, 20:26 Uhr von Sebastian (Diskussion | Beiträge) (Neuapostolische Kirche)
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Unter dem Anlagebetrugsfall bei der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen K.d.ö.R. im Jahr 2012 versteht man die Vorkommnisse zwischen den Jahren 2007 und 2012, bei denen die NAK in NRW Opfer eines Anlagenbetruges wurde. Dabei verlor die Gebietskirche rund 10 Millionen Euro Kirchengelder.

Geschehnisse

Am 15. Februar 2012 wurde aufgrund von Berichterstattungen in einer Zeitung[1] ein Betrugsfall öffentlich, der im Jahr 2007 den Anfang nahm. Im Dezember 2007 investierte die NAK NRW unter der Leitung des Bezirksapostels Armin Brinkmann rund 10 Millionen Euro in einer, nach eigenen Angaben, scheinbar sicheren und gewinnbringenden Kapitalanlage[2].

Nach aktuellen Informationen wurde die Anlage von dem Gelsenkirchener Bezirksältesten Frank Zisowski, den der Bezirksapostel später einen langjährigen und engen Vertrauten nannte, empfohlen[3]. Zisowski forderte damals dazu auf das Investment geheim zu halten, er wurde demnach vom Bezirksapostel und dem Verwaltungsleiter Dodt dazu aufgefordert mehr über die Anlage herauszufinden.[4] Sie gingen dabei aller Voraussicht nach dem Betrüger George Katcharin ins Netz.

Das Magazin Glaubenskultur berichtet:

„Dodt und Brinkmann wurde im folgenden ein Dokument über das Investment namens „Asset Enhancement Agreement“ von David Roberts gesandt. ... Den „Kunden“ wurde vorgemacht, sie würden ihre Investition enorm verzinst wieder zurückerstattet bekommen. Man ließ sie glauben, sie würden Zugang zu einer exklusiven Handelsplattform bekommen, die angeblich George Katcharian betrieb. ... Die Kirche überprüfte das Dokument, äußerte jedoch Bedenken, weil es einen Abstand von einigen Tage zwischen dem Aushändigen des Geldes zu einer vorgeblichen „Überprüfung auf Sauberkeit“ nd der Rückzahlung des Geldes auf ihr Bankkonto geben sollte. Ein Treffen wurde für den 12. Dezember 2007 in London arrangiert. Dodt und Brinkmann trafen auf Roberts und Hunt in der Law Society Hall in der Chancery Lane, auch Zisowski war zugegen. Roberts und Hunt repräsentierten eine Firma names „HBF Capital“. Hunt versichterte ihnen, dass das Investmentprojekt sicher wäre. Er gab vor, er wäre Rechtsanwalt – eine Behauptung, die sich inzwischen als unwahr herausstellte. Es gelang den beiden schließlich, die Kirche dazu zu überreden, das Geld zu überweisen.[5]

Nach Abschluss der Anlage und Überweisung der 10 Millionen Euro am 14. Dezember 2007 auf ein neu eingerichtetes Konto in der Schweiz soll die NAK NRW kurze Zeit später doch Ungereimtheiten festgestellt und in den darauffolgenden zwei Jahren versucht haben das Geld zurück zu bekommen. Eine frühzeitig einberufene Landesvorstandsversammlung, bei denen die bereits getätigten Anlagen besprochen wurden, lösten schon damals bei manchen Beteiligten geäußerte Skepsis aus.

Zwar erwog wohl Bezirksapostel Brinkmann, nachdem er Anfang 2008 feststellte, dass die Gelder nicht wie besprochen weitergeleitet wurden, die Polizei einzuschalten, doch wurde dieser von Zisowski beschwichtigt. Der Bezirksälteste und Professor Zisowski sollte nun versuchen das Geld wieder zurückzuerhalten, dazu traf er sich in den kommenden Monaten mit verschiedenen Personen der Bande. Als im April 2009 noch immer kein Geld geflossen war, schrieb Brinkmann einen Brief an Hunt, wo er ihn aufforderte das Geld zurück zu überweisen.

Erst im November 2010 schaltete die NAK NRW die Polizei in England ein, nachdem aber schon ein weiteres Opfer Ende 2008 eine mehrjährige Untersuchung ins Rollen gebracht hatte.

Fast zeitgleich mit der Gebietskirche NRW wurden weitere Anleger Opfer des Betrügerringes, so zum Beispiel auch der britische Millionär Graham Dacre und ein Geschäftsmann aus den USA. Das Magazin Glaubenskultur berichtete, dass sich die Betrüger betont christlich gaben und so auch für die Investition in ihrem gemeinnützigem Projekt für ehemalige Soldaten warben.

Die mindestens sechs Betrüger wurden nach erfolgter Anzeige festgenommen und stehen seit dem 13. Februar 2012 in Norfolk vor Gericht.[6]

Nach aktueller Informationslage sind die erbeuteten Gelder bereits durch verschiedene Geldtransfers und Offshore-Konten in verschiedene Länder und Firmen verschwunden.

Die fehlende Geldsumme wurde bereits in der Bilanz der NAK NRW abgeschrieben. Die Kirche rechnet mit einem Gerichtsurteil im Sommer 2012. Wegen den Vorkommnissen wurde bereits 2010 ein Beratungs- und Kontrollgremium für Geldanlagen berufen, darin, so NAK NRW, sind auch externe Fachleute.[7] Ebenso wurden die Richtlinien stärker verfasst und die Bezirksämter der Gebietskirche über den Vorgang informiert.

Jedoch ist bislang völlig ungeklärt mit welchen genauen Aussagen und Projekten die Betrüger die Kirche dazu animiert haben, das Geld anzulegen.

Erste öffentliche Reaktionen

Das Bekanntwerden des Betrugsfalles und der Verlust der hohen Geldsumme, welche zum großen Teil aus Spenden der Kirchenmitglieder bestand, löste, besonders im Internet, eine große Empörungswelle aus. Laut einem Bericht von Religionsreport gibt es auch konkrete anonyme Rücktrittsforderungen an Bezirksapostel Armin Brinkmann in Internetforen.[8] Weitere Reaktionen, so zum Beispiel bei facebook.de oder nacworld reichen von "Vergebungsbereitschaft" bis "personelle Konsequenzen ziehen".

Erste Stellungnahme Brinkmanns

Am 21. Februar, also sechs Tage nach Bekanntwerden des Betrugsfalles, äußerte sich Bezirksapostel Armin Brinkmann öffentlich in einem Interview zu dem Vorfall. Auf der Internetseite der NAK-NRW[9] bestätigte Brinkmann, dass ihm die Anlagemöglichkeit 2007 von einem langjährig bekannten, fachlich-versierten Berater angeboten wurde (gemeint ist Bezirksältester Prof. Dr. Frank Zisowski[10]). Die Ertragsmöglichkeiten, so Brinkmann, lagen in üblicher Höhe zusätzlich sollte die Anlage christliche Projekte fördern. Weiter übernahm Brinkmann für den Verlust des Vermögens die volle Verantwortung und sagte: "Die Entscheidung für diese Kapitalanlage war aus heutiger Sicht ein Fehler, das tut mir aufrichtig leid." Auch berichtete er, dass er lange die Hoffnung hatte, das Geld komplett zurückzuerhalten. An die Öffentlichkeit ging die Kirche erst, als auch der letzte Verdächtige in Deutschland verhaftet, nach England überstellt und vor Gericht angeklagt wurde. Weiter beteuerte Brinkmann, dass es aufgrund des Verlustes zu keinen Einschnitten kommen wird.

Weitere Folgen

Der nun schon vor dem englischen Gericht befragte Bezirksälteste Frank Zisowski ist seit dem 26. Februar 2012 beurlaubt, auch soll es in seinem Haus eine Hausdurchsuchung gegeben haben[11]. Auch hat Frank Zisowski von den Betrügern 250.000,- Euro überwiesen bekommen, angeblich aufgrund einer weiteren geschäftlichen Tätigkeit mit ihnen[12]. Die englische Staatsanwaltschaft geht deswegen davon aus, dass Zisowski ein Teil des Betruges gewesen sei. Einer Einladung der britischen Polizei zu einer Befragung folgte Zisowski nicht.[13]

Ebenso ist in diesem Betrugsfall der Verwaltungsleiter (der Gebietskirche NRW in Dortmund) Eberhard Dodt involviert, der als Zeuge vor dem englischen Gericht aussagte. Er war einer der Unterzeichner des Anlagenvertrages. Inwieweit er in dem Entscheidungsprozess beteiligt war, ist aktuell noch unklar.

Wie erst Mitte 2012 bekannt wurde, hatte die Neuapostolische Kirche einen neuwertigen Audi A8 von der Betrügerbande beschlagnahmen lassen, welcher bei einer Festnahme eines Beschuldigten sichergestellt wurde.[14]

Vorwurf der Untreue

Gegenüber dem Bezirksapostel Armin Brinkmann wurden zunehmend Vorwürfe der Untreue laut, sowie der Vorwurf, dass Brinkmann unrechtmäßig alleine, ohne den Landesvorstand zu befragen, diese Geldanlage tätigte. Laut Verfassung der NAK NRW, darf der Gebietskirchenpräsident nur Geschäfte bis 500.000 Euro allein tätigen[15]. Laut einer Pressemitteilung wurde bei der Staatsanwaltschaft in Bochum gegen Brinkmann Anzeige erstattet[16]. Das Verfahren wurde jedoch wieder eingestellt.[17]

Entschuldigung Brinkmanns

Am 7. Oktober 2012, sprachen Bezirksapostel Brinkmann und Stammapostel Wilhelm Leber im Anschluss an einen Gottesdienst in Duisburg zur Gemeinde vor Ort und allen angeschlossenen Gemeinden in NRW. Dabei gab Brinkmann eine persönliche Erklärung ab und bat die Gläubigen um Entschuldigung für das nachlässige Verhalten der Kirchenleitung. Brinkmann sagte, dass er die damalige Entscheidung nach besten Wissen und Gewissen getätigt habe. Der Stammapostel nahm für seinen Teil die Entschuldigung an und kündigte zum Ende der unabhängigen Untersuchung ein Abschlussbericht an. Es gab, so der Stammapostel, Warnzeichen die nicht erkannt wurden. Es müssen nun sichergestellt werden, dass sich so ein Fall nie mehr wiederhole, dazu wurde inzwischen auch ein Kapitalgremium getroffen, welches solche Aktivitäten überwache. Eine sofortige Ablösung des Bezirksapostel hieß Stammapostel Leber nicht gut, da er sich in seinen Bereich und den Missionsgebieten sehr gut auskenne und sich in seinem Amtsauftrag bewährt hätte[18]. Im selben Gottesdienst wurde der Apostel Rainer Storck als Bezirksapostelhelfer und Nachfolger Brinkmanns ernannt. Er soll damit Stück für Stück in die Aufgaben des Bezirksapostel herein wachsen und die Gebietskirche später übernehmen. Als die Beauftragung Storcks bekannt gegeben wurde, hieß es noch, dass diese Entscheidung nicht auf den Betrugsfall zurückzuführen sei[19].

Wortwörtliche Ausschnitte der Rede des Bezirksapostel Brinkmann[20]:

„Im November 2007 wurde mir eine Kapitalanlage empfohlen, die Zugang zu besonderen Förderungsmöglichkeiten und Subventionen versprach. Die Anlage würde nur vertrauenswürdigen Investoren zugänglich gemacht, die Projekte im sozialen und humanitären Bereich förderten, hieß es damals. ... Bis 1999 oblag die Entscheidung über Kapitalanlagen ausschließlich dem zuständigen Bezirksapostel. In dieser Tradition habe ich die Entscheidung allein ohne Einschaltung des Landesvorstandes getroffen. ... Er hat der bislang geübten Praxis für solche Entscheidungen entsprochen. ... Ich war davon überzeugt, einer seriösen Empfehlung zu folgen. ... Heute ist mir bewusst, dass ich weitergehenden Rat hätte einholen sollen. ... Durch den Kapitalanlagebetrug sind wir in unserer Gebietskirche in eine Situation geraten, die einen hohen finanziellen Schaden verursacht und sehr viel Unruhe erzeugt hat. Dafür bitte ich euch um Entschuldigung.“

Zu den Amtsenthebungsforderungen sagte der Stammapostel[21]::

„Bezirksapostel Brinkmann kennt den Bereich, auch die daran hängenden Missionsgebiete, sehr genau und weiß über viele Details Bescheid. ... Es wäre nicht angemessen, seine gesamte Arbeit als Apostel und Bezirksapostel nur auf den Betrugsfall zu reduzieren und alles andere auszublenden. ... Wir wollen alles daransetzen, dass das Vertrauen wieder hergestellt werden kann.“

Weblinks

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