Neuapostolisches Schisma 1921: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei dieser Versammlung wird Apostel Bischoff zum Stammapostelhelfer bestimmt. Später beschwert Brückner sich beim Stammapostel: „Warum ist denn der Ap. Brückner zum Scheine nur, pro forma, in allerletzter Minute, wo die Sache längst fest beschlossen war, gefragt worden und der Ap. Ecke gar nicht? (…) Jetzt wieder sollen Träume und Gesichte als Decke dienen. (…) Und warum werden dann diese angeblichen Zeugnisse nicht vorher bei den Aposteln zirkulieren lassen? Warum gibt es da nicht eine freie Aussprache darüber, wie es eigentlich die Satzung verlangt? Warum werden heute noch den Aposteln diese vermeintlichen unfehlbaren Zeugnisse vorenthalten? Warum das Spielen mit verdeckten Karten? Und wer bürgt mir dafür, daß die Visionen und Träume nicht falsch oder eingeimpft sind?“[20]
 
Bei dieser Versammlung wird Apostel Bischoff zum Stammapostelhelfer bestimmt. Später beschwert Brückner sich beim Stammapostel: „Warum ist denn der Ap. Brückner zum Scheine nur, pro forma, in allerletzter Minute, wo die Sache längst fest beschlossen war, gefragt worden und der Ap. Ecke gar nicht? (…) Jetzt wieder sollen Träume und Gesichte als Decke dienen. (…) Und warum werden dann diese angeblichen Zeugnisse nicht vorher bei den Aposteln zirkulieren lassen? Warum gibt es da nicht eine freie Aussprache darüber, wie es eigentlich die Satzung verlangt? Warum werden heute noch den Aposteln diese vermeintlichen unfehlbaren Zeugnisse vorenthalten? Warum das Spielen mit verdeckten Karten? Und wer bürgt mir dafür, daß die Visionen und Träume nicht falsch oder eingeimpft sind?“[20]
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===Brückners Kritik an der neuen „spiritistischen Richtung“===
  
 
Gleichwohl tritt Brückner auch nach dem Oktober 1920 gegenüber Niehaus recht selbstbewusst auf und wendet sich entschieden gegen solche Gedanken, wie sie sein Amtskollege Bischoff spätestens seit April zu verbreiten begann: „Mit Träumen, Gesichten, Zeichen, Wundern menschlich frömmelnder pharisäischer Art kann das Leben aus Gott nicht gespeist, das Kind von der Maria nicht ernährt und großgezogen werden. Das ist alles nur Kindermilch für die ersten Lebensmonate. Es muß Qualitätsspeise sein höher entwickelter Gottes- und Christusreligionim rein apostolischen Geistessinne. Denn mit augenblicklicher Effekthascherei und Sensationsparadestücken phantastischer Schönmalereien hat Jesus auch nicht gearbeitet. (…) Nur die stete zielsichere ruhige, alles schwärmerische vermeidende reine Apostellehre tut dem Volke not, unter weiser Pflege der Geistesgaben und Ämter ohne fremde Hefenbeimischung, das kann eine gesunde geistige Bereicherung für die apostolische Bevölkerung herbeiführen. Jedes Karusselfahren, im Kreise herum, auf geistigem Gebiete tut der Sache Abbruch, nachdem die Apostolische Sendungsgemeinde den Kinderjahren und damit der religiösen Kinderstube entwachsen ist, und nunmehr ihre gottgegebenen Sehnen und Muskeln sich recken und strecken wollen und sollen, um hinaus zu treten in Freie und ihre Sendungsmission anzutreten, gleichwie Christus mit 30 Jahren hinaustrat und sein Lehramt antrat. Die Elementargrundsätze sind abzulösen durch eine Weitersteckung der Ziele und Lehrfächer in religiöser Hinsicht, Methodismus, Katholizismus, Spiritismus, deren Dasein als fremde Schmarotzerpflanzen ich bis in die neuste Zeit leider in so vielen Zirkularen und Berichten verspüren konnte, müssen aus den apostolischen Lehrtätigkeiten und religiösen Gebräuchen und Grundsätzen verschwinden, weil sie Fremdkörper sind, die das reine apostolische Glaubensleben in seiner Entwicklung stören und an dessen gesunden Lebensmark nagen, wodurch eine geistige Blutarmut hervorgerufen wird, die sich bis zur Blutleere steigern kann.“[21]
 
Gleichwohl tritt Brückner auch nach dem Oktober 1920 gegenüber Niehaus recht selbstbewusst auf und wendet sich entschieden gegen solche Gedanken, wie sie sein Amtskollege Bischoff spätestens seit April zu verbreiten begann: „Mit Träumen, Gesichten, Zeichen, Wundern menschlich frömmelnder pharisäischer Art kann das Leben aus Gott nicht gespeist, das Kind von der Maria nicht ernährt und großgezogen werden. Das ist alles nur Kindermilch für die ersten Lebensmonate. Es muß Qualitätsspeise sein höher entwickelter Gottes- und Christusreligionim rein apostolischen Geistessinne. Denn mit augenblicklicher Effekthascherei und Sensationsparadestücken phantastischer Schönmalereien hat Jesus auch nicht gearbeitet. (…) Nur die stete zielsichere ruhige, alles schwärmerische vermeidende reine Apostellehre tut dem Volke not, unter weiser Pflege der Geistesgaben und Ämter ohne fremde Hefenbeimischung, das kann eine gesunde geistige Bereicherung für die apostolische Bevölkerung herbeiführen. Jedes Karusselfahren, im Kreise herum, auf geistigem Gebiete tut der Sache Abbruch, nachdem die Apostolische Sendungsgemeinde den Kinderjahren und damit der religiösen Kinderstube entwachsen ist, und nunmehr ihre gottgegebenen Sehnen und Muskeln sich recken und strecken wollen und sollen, um hinaus zu treten in Freie und ihre Sendungsmission anzutreten, gleichwie Christus mit 30 Jahren hinaustrat und sein Lehramt antrat. Die Elementargrundsätze sind abzulösen durch eine Weitersteckung der Ziele und Lehrfächer in religiöser Hinsicht, Methodismus, Katholizismus, Spiritismus, deren Dasein als fremde Schmarotzerpflanzen ich bis in die neuste Zeit leider in so vielen Zirkularen und Berichten verspüren konnte, müssen aus den apostolischen Lehrtätigkeiten und religiösen Gebräuchen und Grundsätzen verschwinden, weil sie Fremdkörper sind, die das reine apostolische Glaubensleben in seiner Entwicklung stören und an dessen gesunden Lebensmark nagen, wodurch eine geistige Blutarmut hervorgerufen wird, die sich bis zur Blutleere steigern kann.“[21]
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Offen und direkt kritisiert er den Stammapostel: „Sie, mein lieber Stammapostel, sind in den letzten Zeiten unverkennbar immer mehr in die spiritistische Richtung geglitten. Ich bitte mir die Freiheit meiner Äußerung nicht übel zu deuten. (…) Ich aber und die Brüder hier, wir wollen rein apostolisch bleiben und diese Seitenrichtung nicht mit übernehmen. Wir müssen Sie bitten, uns von diesen Richtungen zu dispensieren und zu verschonen. (…) Wie trügerisch ist der Grund, wenn in einer Kirche auf äußerliche Zeichen und Wunder, Träume, Visionen gebaut wird, was für gebrechliche Stützen sind das. Sehen wir uns nur die großen Fehlschläge in den Kriegsgeschichten des entschlafenen Pr. Sch.[25] an, wieviel Nieten, Tausende haben dadurch den Glauben an die unfehlbare Autorität der neuapostolischen Lehre in sich wanken sehen, und sind zu Schaden gekommen, wenn sie es auch aus Pietät nicht aussprechen.“[26]
 
Offen und direkt kritisiert er den Stammapostel: „Sie, mein lieber Stammapostel, sind in den letzten Zeiten unverkennbar immer mehr in die spiritistische Richtung geglitten. Ich bitte mir die Freiheit meiner Äußerung nicht übel zu deuten. (…) Ich aber und die Brüder hier, wir wollen rein apostolisch bleiben und diese Seitenrichtung nicht mit übernehmen. Wir müssen Sie bitten, uns von diesen Richtungen zu dispensieren und zu verschonen. (…) Wie trügerisch ist der Grund, wenn in einer Kirche auf äußerliche Zeichen und Wunder, Träume, Visionen gebaut wird, was für gebrechliche Stützen sind das. Sehen wir uns nur die großen Fehlschläge in den Kriegsgeschichten des entschlafenen Pr. Sch.[25] an, wieviel Nieten, Tausende haben dadurch den Glauben an die unfehlbare Autorität der neuapostolischen Lehre in sich wanken sehen, und sind zu Schaden gekommen, wenn sie es auch aus Pietät nicht aussprechen.“[26]
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==Die Trennung==
  
 
In einem Brief vom 13. Januar 1921 soll Stammapostel Niehaus Brückner noch die „Abramsgesinnung“ angeboten haben: „Gehst du zur Rechten, geh ich zur Linken …“ – eine friedliche Koexistenz. Doch damit war es offenbar nicht weit her oder es war nicht zu steuern. Die Mitglieder wurden teilweise von außerhalb des Apostelbezirkes aufgehetzt oder verlangten einfach ihrerseits Klarheit. So kam es in der Gemeinde Leipzig Ende Februar zu einem dramatischen Bruch in zwei Lager.
 
In einem Brief vom 13. Januar 1921 soll Stammapostel Niehaus Brückner noch die „Abramsgesinnung“ angeboten haben: „Gehst du zur Rechten, geh ich zur Linken …“ – eine friedliche Koexistenz. Doch damit war es offenbar nicht weit her oder es war nicht zu steuern. Die Mitglieder wurden teilweise von außerhalb des Apostelbezirkes aufgehetzt oder verlangten einfach ihrerseits Klarheit. So kam es in der Gemeinde Leipzig Ende Februar zu einem dramatischen Bruch in zwei Lager.
  
 
Am 17. April 1921 unterzeichnete Stammapostel Hermann Niehaus und acht weitere Apostel schließlich die Amtsenthebung des Carl August Brückner. Schon einen Monat zuvor hatte Niehaus Brückner in einem Brief nur noch mit „Herr Brückner!“ angeredet.[27] Es war die Antwort auf eine weitere Bitte des in Ungnade gefallenen Bezirksapostels um ein klärendes Gespräch vom 10. März. 96 Jahre hat die neuapostolische Seite gebraucht, diese ausgestreckte Hand zu ergreifen, wenn nun am 11. März 2017 einer Versöhnung stattfindet.
 
Am 17. April 1921 unterzeichnete Stammapostel Hermann Niehaus und acht weitere Apostel schließlich die Amtsenthebung des Carl August Brückner. Schon einen Monat zuvor hatte Niehaus Brückner in einem Brief nur noch mit „Herr Brückner!“ angeredet.[27] Es war die Antwort auf eine weitere Bitte des in Ungnade gefallenen Bezirksapostels um ein klärendes Gespräch vom 10. März. 96 Jahre hat die neuapostolische Seite gebraucht, diese ausgestreckte Hand zu ergreifen, wenn nun am 11. März 2017 einer Versöhnung stattfindet.
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==Die Zeit nach 1921==
  
 
Johann Gottfried Bischoff indessen führte den „Wiederkunfst-Hype“ zunächst fort[28], bis er Mitte der 1920er-Jahre wieder abflaute um dann schließlich unter ihm im Nachhall des 2. Weltkriegs in geradezu absurder Perfektion wieder aufzuerstehen. – Wieder ging es darum einen ungewollten Nachfolger im Stammapostelamt auszustechen. Noch mehr Leid war die Folge. Aber diese Geschichte wurde hier schon ausführlich erzählt.
 
Johann Gottfried Bischoff indessen führte den „Wiederkunfst-Hype“ zunächst fort[28], bis er Mitte der 1920er-Jahre wieder abflaute um dann schließlich unter ihm im Nachhall des 2. Weltkriegs in geradezu absurder Perfektion wieder aufzuerstehen. – Wieder ging es darum einen ungewollten Nachfolger im Stammapostelamt auszustechen. Noch mehr Leid war die Folge. Aber diese Geschichte wurde hier schon ausführlich erzählt.

Version vom 27. Februar 2017, 14:53 Uhr