Neuapostolisches Schisma 1921: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Zitat|Wenn ich den Berichten in den Tagesblättern glauben soll, so müssen die allgemeinen Zustände in Deutschland noch besorgniserregender sein als während des Krieges, auch was die Ernährung betrifft. (…) Auch der Inhalt der Rundschau muß nach meiner gemachten Erfahrung bezwecken, die Ermüdeten aufzurichten und die Betrübten zu trösten, was auch nicht durch lange Auseinandersetzungen von biblischen Geschichten geschehen kann, (so interessant und kunstvoll dies auch sein mag); denn es werden zu viel der Worte gemacht und zu wenig praktischer Gebrauch im Leben. Zu leicht kann dadurch auch eine Nichtbefriedigung zustande kommen.<ref>Oosbree, H.v.: Brief an Stammapostel Niehaus. In: Bischoff, J.G.: Rundbrief C.B. Nr. 14, Frankfurt a.M. 17.3.1919, S. 3f</ref>}}
 
{{Zitat|Wenn ich den Berichten in den Tagesblättern glauben soll, so müssen die allgemeinen Zustände in Deutschland noch besorgniserregender sein als während des Krieges, auch was die Ernährung betrifft. (…) Auch der Inhalt der Rundschau muß nach meiner gemachten Erfahrung bezwecken, die Ermüdeten aufzurichten und die Betrübten zu trösten, was auch nicht durch lange Auseinandersetzungen von biblischen Geschichten geschehen kann, (so interessant und kunstvoll dies auch sein mag); denn es werden zu viel der Worte gemacht und zu wenig praktischer Gebrauch im Leben. Zu leicht kann dadurch auch eine Nichtbefriedigung zustande kommen.<ref>Oosbree, H.v.: Brief an Stammapostel Niehaus. In: Bischoff, J.G.: Rundbrief C.B. Nr. 14, Frankfurt a.M. 17.3.1919, S. 3f</ref>}}
  
Oosbree, der viel später für eine liberale Haltung stehen wird, scheint in dieser Zeit interessanterweise dem endzeitlichen Gedanken nahezustehen. Am 22. Juni 1919 predigt der niederländische Apostel in Amsterdam über die trennscharfe Bibelstelle Johannes 4,1-6 u.a.: „Die Apostolischen sollen besonders in der Gegenwart, in dieser letzten Zeit, in der wir uns befinden (denn daß wir uns in der letzten Zeit befinden, dessen könnt ihr versichert sein) mehr und mehr in der wahrhaftigen Erkenntnis des empfangenen ‚Lebens‘ zunehmen, weil sie als ‚Heilande‘, die auf dem Berge Zion werden geboren, gebraucht werden sollen.“[5]
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Oosbree, der viel später für eine liberale Haltung stehen wird, scheint in dieser Zeit interessanterweise dem endzeitlichen Gedanken nahezustehen. Am 22. Juni 1919 predigt der niederländische Apostel in Amsterdam über die trennscharfe Bibelstelle Johannes 4,1-6 u.a.:  
  
In Stuttgart brach 1919 ein Konflikt zwischen dem Apostelhelfer Paulus und Bischof Müller einerseits und Apostel Bischoff andererseits aus, der eine eigene Darstellung wert wäre. Mit Rundschreiben vom 25. August 1919 informiert Bischoff die Amtsträger in seinem Apostelbezirk: „Wie Ihr lieben Brüder wohl wisset, ist ja Herr Paulus und Müller in Stuttgart am 3. August von mir gegangen. Ein weiteres Zusammenarbeiten war unmöglich geworden und so habe ich nach Abrahamsweise die Scheidung bewirkt, denn um Glaubensbegriffe streite ich nicht. (…) Die Gottesdienste finden in Stuttgart wie seither in der Rosenbergstraße statt. Herr Paulus und Müller sind keine Vorsteher mehr. (…) In der Olgastraße ist von uns vorerst kein Gottesdienst mehr.“[6]
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{{Zitat|Die Apostolischen sollen besonders in der Gegenwart, in dieser letzten Zeit, in der wir uns befinden (denn daß wir uns in der letzten Zeit befinden, dessen könnt ihr versichert sein) mehr und mehr in der wahrhaftigen Erkenntnis des empfangenen ‚Lebens‘ zunehmen, weil sie als ‚Heilande‘, die auf dem Berge Zion werden geboren, gebraucht werden sollen.“ <ref>zitiert nach Bischoff, J.G.: Rundbrief C.B. Nr. 26, Frankfurt a.M. 11.8.1919</ref>}}
  
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Für das Verständnis der Brückner-Konfliktes bzw. dem Schisma von 1921 ist es also wichtig im Hinterkopf zu behalten, dass Teile der Apostel nach dem 1. Weltkrieg die Zeit für das Kommen des Herrn für gekommen ansahen - und andere nicht.
  
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Der Stuttgarter Konflikt führt im Sommer 1919 schließlich zur Trennung der Paulus/Müller-Fraktion, insbesondere der Gemeinde in der Olgastraße, von der neuapostolischen Seiten. Mit Rundschreiben vom 25. August 1919 informiert Bischoff die Amtsträger in seinem Apostelbezirk: {{Zitat|Wie Ihr lieben Brüder wohl wisset, ist ja Herr Paulus und Müller in Stuttgart am 3. August von mir gegangen. Ein weiteres Zusammenarbeiten war unmöglich geworden und so habe ich nach Abrahamsweise die Scheidung bewirkt, denn um Glaubensbegriffe streite ich nicht. (…) Die Gottesdienste finden in Stuttgart wie seither in der Rosenbergstraße statt. Herr Paulus und Müller sind keine Vorsteher mehr. (…) In der Olgastraße ist von uns vorerst kein Gottesdienst mehr.<ref>Bischoff, J.G.: Rundbrief C.B. Nr. 27, Frankfurt a.M. 25.8.1919</ref>}}
  
In einem Circular-Brief vom 22. August 1919 wendet sich der Apostel gegen einen Artikel des Evangelisten mit dem Titel „Naturwissenschaft und christlicher Glaube“. – „Aus demselben spricht der Geist der schwarzen Ordodoxie, die einst mit der Bibel in der Hand den Herrn, in dem die Fülle aller Weisheit Gottes lag, töteten. (…) Ich kann mich dem Eindruck nicht verschliessen, dass er eine persönliche Spitze gegen meine Ausführungen in der Widerlegung, die ich zur Zeit notwendigerweise einer gegen mich gerichteten Schrift des l. Ev. Mütschele dargeboten habe, bedeuten soll.“ Trotzdieser Feststellung setzt sich Brückner allerdings in seinem Circular auf mehreren Seiten auf intellektueller Ebene mit dem Artikel auseinander. An keiner Stelle droht er mit einem Rauswurf des Redakteurs.
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Im selben Monat geht auch Brückner auf Distanz zu Mütschele. In einem Circular-Brief vom 22. August 1919 wendet er sich gegen einen Artikel des Evangelisten mit dem Titel „Naturwissenschaft und christlicher Glaube“:
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{{Zitat|Aus demselben spricht der Geist der schwarzen Ordodoxie, die einst mit der Bibel in der Hand den Herrn, in dem die Fülle aller Weisheit Gottes lag, töteten. (…) Ich kann mich dem Eindruck nicht verschliessen, dass er eine persönliche Spitze gegen meine Ausführungen in der Widerlegung, die ich zur Zeit notwendigerweise einer gegen mich gerichteten Schrift des l. Ev. Mütschele dargeboten habe, bedeuten soll.<ref>Brückner, C.A.: Circular-Brief vom 22. August 1919, Dresden</ref>}}
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Trotz dieser Feststellung setzt Brückner sich allerdings in seinem Circular über mehrere Seiten auf intellektueller Ebene mit dem Artikel auseinander. An keiner Stelle droht er mit einem Rauswurf des Redakteurs.  
  
 
Diese Art der Auseinandersetzung wird möglicherweise außerhalb seines Bezirkes als zögerliche Handlung gegenüber dem Abweichler empfunden. Stammapostel Niehaus soll nach Brückners eigener Darstellung auf eine Absetzung Mütscheles gedrängt haben. [7] Auch zwischen dem Leipziger Bischof Werner und Mütschele herrschte ein angespanntes Verhältnis, das sich offenbar am 5. November 1919 entlud und so einen Tag später nun doch zur Amtsenthebung, Absetzung als Redakteur und Entzug der Mitgliedschaft Mütscheles durch Brückner führte.[8]  
 
Diese Art der Auseinandersetzung wird möglicherweise außerhalb seines Bezirkes als zögerliche Handlung gegenüber dem Abweichler empfunden. Stammapostel Niehaus soll nach Brückners eigener Darstellung auf eine Absetzung Mütscheles gedrängt haben. [7] Auch zwischen dem Leipziger Bischof Werner und Mütschele herrschte ein angespanntes Verhältnis, das sich offenbar am 5. November 1919 entlud und so einen Tag später nun doch zur Amtsenthebung, Absetzung als Redakteur und Entzug der Mitgliedschaft Mütscheles durch Brückner führte.[8]  

Version vom 27. Februar 2017, 13:24 Uhr