Hermann Thiersch: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hermann Thiersch''' (* 12. Januar 1874 in München; † 5. Juni 1939 in Göttingen) war ein deutscher Professor für Klassischer Archäologe und der Sohn des deutschen Architekten und Professors für Baugeschichte, [[August Thiersch]]. Er war [[katholisch-apostolisch]]er [[Diakon]] und letzter [[Vorsteher]] der katholisch-apostolischen Gemeinde in Göttingen ([[Fialgemeinde|Fiale]] von Kassel).
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'''Hermann Thiersch''' (* 12. Januar 1874 in München; † 5. Juni 1939 in Göttingen) war ein deutscher Professor für Klassischer Archäologe und der Sohn des deutschen Architekten und Professors für Baugeschichte, [[August Thiersch]]. Er war [[katholisch-apostolisch]]er [[Diakon]] und letzter [[Vorsteher]] der katholisch-apostolischen Gemeinde in Göttingen (Filiale von Kassel).
  
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== Biografie ==
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Hermann Thiersch stammte aus einer katholisch-apostolischen Familie und kam aus einem wohlbehüteten Elternhaus. Sein Vater [[August Thiersch]] war ein berühmter Architekturprofessor an der TH München. Nach Volksschulbesuch absolvierte H. Tiersch das Gymnasium und belegte an der Universität seiner Heimatstadt das Fach "Klassische Archäologie". Nach Semestern in Berlin promovierte er 1898 bei Prof. Adolf Furtwängler, einer der bedeutendsten und einflussreichsten deutschen Archäologen des 19. Jahrhunderts, in München zum Dr. phil. (Doctor philosophiae) mit der Dissertation „Tyrrhenische Amphoren. Studien zur Geschichte der altattischen Vasenmalerei“. Reisen führten ihn mit seinem Vater nach Griechenland und Kleinasien, die er auch unter wissenschaftlichem Aspekt unternahm. Im folgenden Jahr erhielt er seine erste Anstellung als Assistent am "Königlichen Antiquarium" in München (Leiter: Prof Adolf Furtwängler). Daneben belegte er ein Stipendium des „Deutschen Archäologischen Institutes“, das ihn Reisen in diverse Länder des östlichen Mittelmeerraumes, vornehmlich Palästina, unternehmen ließ, wo er reich ausgemalte hellenistische Gräber in Marisa (heb. Maresha bei Beit Jibrin, 62 km südwestlich Jerusalems) entdeckte und die bis dahin verlorengegangene Lage der uralten Stadt Sichem wiederfand. Später nahm er an verschiedenen Ausgrabungen in Alexandria (Totenstadt; Serapeion), Pergamon und Aigina teil, deren Ergebnisse zum Teil in seine Habilitationsarbeit „Zwei antike Grabanlagen bei Alexandria“ einflossen. Mit 30 Jahren (1904) habilitierte er an der Universität München bei Prof. Adolf Furtwängler. Bereits im darauffolgenden Jahr folgte Dr. phil. habil. Hermann Thiersch einem Ruf an die Universität zu Freiburg im Breisgau als außerordentlicher Professor. Aufgrund seiner Fähigkeiten wollte die Universität ihn gerne behalten und wandelte 1909 seine außerordentliche Professur in ein Ordinariat um. Im selben Jahr veröffentlichte er seine Rekonstruktionsgedanken zum "Großen Leuchtturm von Alexandria", das ihn über Deutschlands Grenzen hinaus in Fachkreisen bekannt machte. 1913 wurde er Dekan der "Archäologischen Fakultät". Aufgrund eines Rufes als ordentlicher Professor wechselte er 1918 an die Universität Göttingen als Nachfolger des verstorbenen Prof. Gustav Körte (1852–1917). 1922 folgte wiederum das Dekanat, 1925 sogar das Rektorat der Universität. Er nahm 1926 die Stelle des Sekretärs der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften an. In dieser Eigenschaft unternahm er erneut etliche Auslandsreisen nach Kleinasien, Nordafrika und auch wieder nach Griechenland, auf der er 1937 schwer erkrankte. 1938 wurde er, weil seine Frau als "Halbjüdin" eingestuft worden war, aus der Göttinger Akademie ausgeschlossen. Er konnte seine Lehrtätigkeit bis zu seiner Emeritierung am 20. Januar 1939 nicht mehr ausüben. Prof. Thiersch fand in dieser Zeit das "religionshistorische Problem" und die "Antikenrezeption" als neue Forschungsgebiete. 1939 starb Hermann Thiersch in Göttingen. Bis zu seinem Tod leitete er als Diakon die zu Kassel gehörende Göttinger katholisch-apostolische Gemeinde.
  
Hermann Thiersch stammte aus einer katholisch-apostolischen Familie und kam aus einem wohlbehüteten Elternhaus. Sein Vater August Thiersch war ein berühmter Architekturprofessor an der TH München. Nach Volksschulbesuch absolvierte H. Tiersch das Gymnasium und belegte an der Universität seiner Heimatstadt das Fach "Klassische Archäologie". Nach Semestern in Berlin promovierte er 1898 bei Prof. Adolf Furtwängler, einer der bedeutendsten und einflussreichsten deutschen Archäologen des 19. Jahrhunderts, in München zum Dr. phil. (Doctor philosophiae) mit der Dissertation „Tyrrhenische Amphoren. Studien zur Geschichte der altattischen Vasenmalerei“. Reisen führten ihn mit seinem Vater nach Griechenland und Kleinasien, die er auch unter wissenschaftlichem Aspekt unternahm. Im folgenden Jahr erhielt er seine erste Anstellung als Assistent am "Königlichen Antiquarium" in München (Leiter: Prof Adolf Furtwängler). Daneben belegte er ein Stipendium des „Deutschen Archäologischen Institutes“, das ihn Reisen in diverse Länder des östlichen Mittelmeerraumes, vornehmlich Palästina, unternehmen ließ, wo er reich ausgemalte hellenistische Gräber in Marisa (heb. Maresha bei Beit Jibrin, 62 km südwestlich Jerusalems) entdeckte und die bis dahin verlorengegangene Lage der uralten Stadt Sichem wiederfand. Später nahm er an verschiedenen Ausgrabungen in Alexandria (Totenstadt; Serapeion), Pergamon und Aigina teil, deren Ergebnisse zum Teil in seine Habilitationsarbeit „Zwei antike Grabanlagen bei Alexandria“ einflossen. Mit 30 Jahren (1904) habilitierte er an der Universität München bei Prof. Adolf Furtwängler. Bereits im darauffolgenden Jahr folgte Dr. phil. habil. Hermann Thiersch einem Ruf an die Universität zu Freiburg im Breisgau als außerordentlicher Professor. Aufgrund seiner Fähigkeiten wollte die Universität ihn gerne behalten und wandelte 1909 seine außerordentliche Professur in ein Ordinariat um. Im selben Jahr veröffentlichte er seine Rekonstruktionsgedanken zum "Großen Leuchtturm von Alexandria", das ihn über Deutschlands Grenzen hinaus in Fachkreisen bekannt machte. 1913 wurde er Dekan der "Archäologischen Fakultät". Aufgrund eines Rufes als ordentlicher Professor wechselte er 1918 an die Universität Göttingen als Nachfolger des verstorbenen Prof. Gustav Körte (1852–1917). 1922 folgte wiederum das Dekanat, 1925 sogar das Rektorat der Universität. Er nahm 1926 die Stelle des Sekretärs der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften an. In dieser Eigenschaft unternahm er erneut etliche Auslandsreisen nach Kleinasien, Nordafrika und auch wieder nach Griechenland, auf der er 1937 schwer erkrankte. 1938 wurde er, weil seine Frau als "Halbjüdin" eingestuft worden war, aus der Göttinger Akademie ausgeschlossen. Er konnte seine Lehrtätigkeit bis zu seiner Emeritierung am 20. Januar 1939 nicht mehr ausüben. Prof. Thiersch fand in dieser Zeit das "religionshistorische Problem" und die "Antikenrezeption" als neue Forschungsgebiete. 1939 starb Hermann Thiersch in Göttingen. Bis zu seinem Tod leitete er als Diakon die zu Kassel gehörende Göttinger katholisch-apostolische Gemeinde.
 
 
== Veröffentlichungen ==
 
== Veröffentlichungen ==
 
*Tyrrhenische Amphoren. Studien zur Geschichte der altattischen Vasenmalerei. Seemann, Leipzig 1899 (zugleich Dissertation an der Universität München 1898).  
 
*Tyrrhenische Amphoren. Studien zur Geschichte der altattischen Vasenmalerei. Seemann, Leipzig 1899 (zugleich Dissertation an der Universität München 1898).  

Aktuelle Version vom 28. Januar 2013, 18:35 Uhr

Hermann Thiersch (* 12. Januar 1874 in München; † 5. Juni 1939 in Göttingen) war ein deutscher Professor für Klassischer Archäologe und der Sohn des deutschen Architekten und Professors für Baugeschichte, August Thiersch. Er war katholisch-apostolischer Diakon und letzter Vorsteher der katholisch-apostolischen Gemeinde in Göttingen (Filiale von Kassel).

Biografie

Hermann Thiersch stammte aus einer katholisch-apostolischen Familie und kam aus einem wohlbehüteten Elternhaus. Sein Vater August Thiersch war ein berühmter Architekturprofessor an der TH München. Nach Volksschulbesuch absolvierte H. Tiersch das Gymnasium und belegte an der Universität seiner Heimatstadt das Fach "Klassische Archäologie". Nach Semestern in Berlin promovierte er 1898 bei Prof. Adolf Furtwängler, einer der bedeutendsten und einflussreichsten deutschen Archäologen des 19. Jahrhunderts, in München zum Dr. phil. (Doctor philosophiae) mit der Dissertation „Tyrrhenische Amphoren. Studien zur Geschichte der altattischen Vasenmalerei“. Reisen führten ihn mit seinem Vater nach Griechenland und Kleinasien, die er auch unter wissenschaftlichem Aspekt unternahm. Im folgenden Jahr erhielt er seine erste Anstellung als Assistent am "Königlichen Antiquarium" in München (Leiter: Prof Adolf Furtwängler). Daneben belegte er ein Stipendium des „Deutschen Archäologischen Institutes“, das ihn Reisen in diverse Länder des östlichen Mittelmeerraumes, vornehmlich Palästina, unternehmen ließ, wo er reich ausgemalte hellenistische Gräber in Marisa (heb. Maresha bei Beit Jibrin, 62 km südwestlich Jerusalems) entdeckte und die bis dahin verlorengegangene Lage der uralten Stadt Sichem wiederfand. Später nahm er an verschiedenen Ausgrabungen in Alexandria (Totenstadt; Serapeion), Pergamon und Aigina teil, deren Ergebnisse zum Teil in seine Habilitationsarbeit „Zwei antike Grabanlagen bei Alexandria“ einflossen. Mit 30 Jahren (1904) habilitierte er an der Universität München bei Prof. Adolf Furtwängler. Bereits im darauffolgenden Jahr folgte Dr. phil. habil. Hermann Thiersch einem Ruf an die Universität zu Freiburg im Breisgau als außerordentlicher Professor. Aufgrund seiner Fähigkeiten wollte die Universität ihn gerne behalten und wandelte 1909 seine außerordentliche Professur in ein Ordinariat um. Im selben Jahr veröffentlichte er seine Rekonstruktionsgedanken zum "Großen Leuchtturm von Alexandria", das ihn über Deutschlands Grenzen hinaus in Fachkreisen bekannt machte. 1913 wurde er Dekan der "Archäologischen Fakultät". Aufgrund eines Rufes als ordentlicher Professor wechselte er 1918 an die Universität Göttingen als Nachfolger des verstorbenen Prof. Gustav Körte (1852–1917). 1922 folgte wiederum das Dekanat, 1925 sogar das Rektorat der Universität. Er nahm 1926 die Stelle des Sekretärs der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften an. In dieser Eigenschaft unternahm er erneut etliche Auslandsreisen nach Kleinasien, Nordafrika und auch wieder nach Griechenland, auf der er 1937 schwer erkrankte. 1938 wurde er, weil seine Frau als "Halbjüdin" eingestuft worden war, aus der Göttinger Akademie ausgeschlossen. Er konnte seine Lehrtätigkeit bis zu seiner Emeritierung am 20. Januar 1939 nicht mehr ausüben. Prof. Thiersch fand in dieser Zeit das "religionshistorische Problem" und die "Antikenrezeption" als neue Forschungsgebiete. 1939 starb Hermann Thiersch in Göttingen. Bis zu seinem Tod leitete er als Diakon die zu Kassel gehörende Göttinger katholisch-apostolische Gemeinde.

Veröffentlichungen

  • Tyrrhenische Amphoren. Studien zur Geschichte der altattischen Vasenmalerei. Seemann, Leipzig 1899 (zugleich Dissertation an der Universität München 1898).
  • Pharos, Antike, Islam und Occident. Ein Beitrag zur Architekturgeschichte. Teubner, Leipzig / Berlin 1909.
  • Winckelmann und seine Bildnisse. C. H. Beck, München 1918 (Vortrag von 1917).
  • August Thiersch als Architekt und Forscher. Biographie. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1923.
  • Friedrich von Thiersch, der Architekt (1852-1921). Ein Lebensbild. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1925.
  • Göttingen und die Antike. Akademische Buchhandlung Calvör / Deuerlichsche Buchhandlung, Göttingen 1926.
  • Ludwig I. von Bayern und die Georgia Augusta. Biographie. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1927.
  • Artemis Ephesia. Eine archäologische Untersuchung. 1. Katalog der erhaltenen Denkmäler. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1935.
  • Ependytes und Ephod. Gottesbild und Priesterkleid im Vorderen Orient. Kohlhammer, Stuttgart / Berlin 1936.

Literatur

  • Klaus Fittschen: Von Wieseler bis Thiersch. Hundert Jahre Klassische Archäologie in Göttingen. In: Carl Joachim Classen (Hrsg.): Die Klassische Altertumswissenschaft an der Georg-August-Universität Göttingen. Göttingen 1989, S. 78–97.
  • Ludwig Curtius: Nachruf. In: Göttinger Jahrbuch 1940/41. S. 69-80.
  • Reinhard Lullies, Wolfgang Schiering (Hrsg.): Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von klassischen Archäologen deutscher Sprache. von Zabern, Mainz 1988, ISBN 3-8053-0971-6, S. 183-184.

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