Neuapostolisches Schisma 1921: Unterschied zwischen den Versionen

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Offenbar gibt es Gerüchte, dass Brückner nicht mehr auf der Linie des Stammapostel sei, denn er schreibt weiter: {{Zitat|Darum kann ich nur warnen, böse Geschwätze verderben gute Sitten.<ref>In: Bischoff, J.G.: Rundschreiben C.B. Nr. 31, Frankfurt a.M. 27.10.1919</ref>}}
 
Offenbar gibt es Gerüchte, dass Brückner nicht mehr auf der Linie des Stammapostel sei, denn er schreibt weiter: {{Zitat|Darum kann ich nur warnen, böse Geschwätze verderben gute Sitten.<ref>In: Bischoff, J.G.: Rundschreiben C.B. Nr. 31, Frankfurt a.M. 27.10.1919</ref>}}
  
Es ist ein Indiz dafür, dass er unter den Mitapostel und den neuapostolischen Gläubigen angeschlagen ist und sich nun deshalb demonstrativ hinter Stammapostel Niehaus stellt. Einen Brief an Stammapostel Niehaus in dieser Zeit unterzeichnet er mit „Ihr ergebenster dankbarer Sohn“. Darin verteidigt er sich gegen zahlreiche Vorwürfe, die offenbar Dritte gegen ihn erhoben haben. Auch machen inzwischen viele Gerüchte über ihn die Runde, worauf er mit einer Erklärung vom 14. November 1919 reagiert, in der er 14 Punkte thematisiert. Es geht um Geld und Status:  
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Diese Ergebenheitsadresse kann als Indiz dafür gesehen werden, dass Brückners Rolle unter den Mitaposteln und den neuapostolischen Gläubigen in Frage gestellt wird und er sich nun deshalb demonstrativ hinter Stammapostel Niehaus stellt. Einen Brief an Stammapostel Niehaus in dieser Zeit unterzeichnet er mit „Ihr ergebenster dankbarer Sohn“. Darin verteidigt er sich gegen zahlreiche Vorwürfe, die offenbar Dritte gegen ihn erhoben haben. Auch machen inzwischen offenbar Gerüchte über ihn die Runde, worauf er mit einer Erklärung vom 14. November 1919 reagiert, in der er 14 Punkte thematisiert. Es geht in diesen Punkten um finanzielle und Statusfragen:
  
 
{{Zitat|1. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, in meinem Bezirk sei für M 7000,- Wein verkauft worden, wo in Wirklichkeit absolut keiner verkauft worden ist. 2. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, die Hostien seien mit Himbeersaft getränkt worden in meinem Bezirk. (…) 3. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, ich hätte gesagt, ich sei Christus. (…) 6. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, ich hätte meinem Sohne eine Ausstattung von M 15000,- gekauft. Ich habe meinem Sohne keinen einzigen Pfennig für seine Ausstattung gegeben können, weil ich kein Barvermögen habe. (…) 9. Ueble böswillige Nachrede ist es, wenn gesagt wird, ich fahre Auto, wo ich doch nur äusserst selten mal vom Bahnhof zu einem Dienst gefahren bin, meist, wenn ich zu spät ankam und es um der Gemeinde wegen nötig war. In den meisten Fällen laufe ich, weil ich die körperliche Bewegung liebe.<ref>Brückner, C.A.: Erklärung vom 14. November 1919, Dresden</ref>}}
 
{{Zitat|1. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, in meinem Bezirk sei für M 7000,- Wein verkauft worden, wo in Wirklichkeit absolut keiner verkauft worden ist. 2. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, die Hostien seien mit Himbeersaft getränkt worden in meinem Bezirk. (…) 3. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, ich hätte gesagt, ich sei Christus. (…) 6. Teuflische Lüge ist es, wenn gesagt wird, ich hätte meinem Sohne eine Ausstattung von M 15000,- gekauft. Ich habe meinem Sohne keinen einzigen Pfennig für seine Ausstattung gegeben können, weil ich kein Barvermögen habe. (…) 9. Ueble böswillige Nachrede ist es, wenn gesagt wird, ich fahre Auto, wo ich doch nur äusserst selten mal vom Bahnhof zu einem Dienst gefahren bin, meist, wenn ich zu spät ankam und es um der Gemeinde wegen nötig war. In den meisten Fällen laufe ich, weil ich die körperliche Bewegung liebe.<ref>Brückner, C.A.: Erklärung vom 14. November 1919, Dresden</ref>}}
  
Brückner, der tatsächlich in einem damaligen [https://de.wikipedia.org/wiki/Blasewitz Villenvorort von Dresden] lebt<ref>Brückners Briefe haben zu dieser Zeit die Ortsangabe Blasewitz. Er wohnt an der Adresse Forsthausstraße 7 [vgl. Adressbuch für Dresden und seine Vororte, Ausgabe 1919, VI. Teil Blasewitz, S. 7] </ref>, genießt also einen gewissen Wohlstand, der auf Kritik stößt. Im Jahr 1919 einen PKW zu besitzen war beispielsweise etwas äußerst ungewöhnliches. Die Autoindustrie stellte damals vor allem Kraftwagen für den öffentlichen Transport her, wohingegen die Produktion von PKWs nach dem 1. Weltkrieg nur langsam anlief.<ref>vgl. http://www.was-war-wann.de/1900/1910/autojahr-1919.html</ref> Entsprechend teuer dürfte also ein solcher Wagen in der Anschaffung damals gewesen sein.
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Brückner, der tatsächlich in einem damaligen [https://de.wikipedia.org/wiki/Blasewitz Villenvorort von Dresden] lebt<ref>Brückners Briefe haben zu dieser Zeit die Ortsangabe Blasewitz. Er wohnt an der Adresse Forsthausstraße 7 [vgl. Adressbuch für Dresden und seine Vororte, Ausgabe 1919, VI. Teil Blasewitz, S. 7] </ref>, genießt also einen gewissen Wohlstand, der auf Kritik stößt. Im Jahr 1919 einen PKW zu besitzen war beispielsweise etwas äußerst Ungewöhnliches. Die Automobilindustrie stellte damals vor allem Kraftwagen für den öffentlichen Transport her, wohingegen die Produktion von PKWs nach dem ersten Weltkrieg nur langsam anlief.<ref>vgl. http://www.was-war-wann.de/1900/1910/autojahr-1919.html</ref> Entsprechend teuer dürfte also ein solcher Wagen in der Anschaffung damals gewesen sein.
  
 
[[Datei:IMG_6853.JPG|thumb|Wohnhaus von Ap. Brückner in Dresden]]
 
[[Datei:IMG_6853.JPG|thumb|Wohnhaus von Ap. Brückner in Dresden]]
  
Brückners Lebensstil steht in einem deutlichen Kontrast zu dem von Johann Gottfried Bischoff, der zu dieser Zeit vergleichsweise bescheiden in Frankfurt lebt. Der Frankfurter Apostel ist fast gleich alt, hat aber einen katholischen Hintergrund, erlernte wohl das Schuhmacherhandwerk und arbeitete bis zu seinem Eintritt in den Kirchendienst zuletzt als kleiner Zigarrenhändler.
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Brückners Lebensstil steht in einem deutlichen Kontrast zu dem von Johann Gottfried Bischoff, der zu dieser Zeit vergleichsweise bescheiden in Frankfurt lebt. Der Frankfurter Apostel ist fast gleichalt, hat aber einen katholischen Hintergrund, erlernte wohl das Schuhmacherhandwerk und arbeitete bis zu seinem Eintritt in den Kirchendienst zuletzt als kleiner Zigarrenhändler.
  
 
Gleichwohl soll Bischoff gerne im Hause Brückner eingekehrt sein und dort offenbar auch durch Vermittlung von Brückner seine Frau kennengelernt haben, wie aus einem Schreiben von Max Ecke an Bischoff hervorgeht:
 
Gleichwohl soll Bischoff gerne im Hause Brückner eingekehrt sein und dort offenbar auch durch Vermittlung von Brückner seine Frau kennengelernt haben, wie aus einem Schreiben von Max Ecke an Bischoff hervorgeht:
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{{Zitat|Ich habe doch die langen Jahre viel beobachtet, und habe gesehen, wie Sie, mein lieber Apostel [Bischoff], Ihre leibliche Erholung in Dresden gefunden, und welch selige Stunden und wertvolle Stunden haben Sie in dem Hause Brückner doch dürfen durchleben; Sie haben dort Ihr Lebensglück gefunden, was Ihnen doch auch der Ap. Brückner entgegengebracht hat, und das mit großer Freude.<ref>Ecke, M.: Brief an Bischoff vom 14. Januar 1921, Görliz. In: In: Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 73</ref>}}
 
{{Zitat|Ich habe doch die langen Jahre viel beobachtet, und habe gesehen, wie Sie, mein lieber Apostel [Bischoff], Ihre leibliche Erholung in Dresden gefunden, und welch selige Stunden und wertvolle Stunden haben Sie in dem Hause Brückner doch dürfen durchleben; Sie haben dort Ihr Lebensglück gefunden, was Ihnen doch auch der Ap. Brückner entgegengebracht hat, und das mit großer Freude.<ref>Ecke, M.: Brief an Bischoff vom 14. Januar 1921, Görliz. In: In: Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 73</ref>}}
  

Version vom 9. März 2017, 12:21 Uhr