Neuapostolisches Schisma 1921: Unterschied zwischen den Versionen

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(Situation ab Oktober 1919)
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===Die Spaltung der Gemeinde Leipzig===
 
===Die Spaltung der Gemeinde Leipzig===
Wie ernst das Angebot Niehaus' gemeint und mit seinem designierten Nachfolger Bischoff abgestimmt war, ist schwer festzustellen.<ref>Witlof wirft der neuapostolischen Seite vor: "Zu gleicher Zeit aber, wo dieser Brief [mit der Abrahamsgesinnung] geschrieben worden ist, hatte der Stammapostel schon Verbindung mit Gliedern hinter dem Rücken des zuständigen und für seinen Bezirk vor Gott verantwortlichen Ap. Brückner angeknüpft, wodurch das Vertrauen vieler Glieder zu Ap. Brückner untergraben wurde. Diese Unterminierung wurde im ganzen Bezirk unternommen, sowohl in Bayern, Thüringen, als auch in Sachsen, Schlesien." [Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 79]</ref> Offenkundig versuchte der Stammapostel und/oder sein Nachfolger wenigstens die Herrschaft über die Leipziger Gemeinde zu erlangen. Sie ist Sitz des neuapostolischen Verlages. Von dort aus wird seit Jahresbeginn die wieder aufgelegte Wächterstimme aus Zion im Auftrag des Stammapostels herausgegeben. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der Evangelist Friedrich Wilhelm Krause von Stuttgart - also aus dem Arbeitsgebiet von Bischoff - nach Leipzig geschickt. Krause ist dort kein Unbekannter, er war Schriftleiter in den ersten Jahren der Neuapostolischen Rundschau, bis er wieder nach Stuttgart zurückkehrte.
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Wie ernst das Angebot Niehaus' gemeint und mit seinem designierten Nachfolger Bischoff abgestimmt war, ist schwer festzustellen.<ref>Witlof wirft der neuapostolischen Seite vor: "Zu gleicher Zeit aber, wo dieser Brief [mit der Abrahamsgesinnung] geschrieben worden ist, hatte der Stammapostel schon Verbindung mit Gliedern hinter dem Rücken des zuständigen und für seinen Bezirk vor Gott verantwortlichen Ap. Brückner angeknüpft, wodurch das Vertrauen vieler Glieder zu Ap. Brückner untergraben wurde. Diese Unterminierung wurde im ganzen Bezirk unternommen, sowohl in Bayern, Thüringen, als auch in Sachsen, Schlesien." [Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 79]</ref> Offenkundig versuchte der Stammapostel und/oder sein Nachfolger wenigstens die Herrschaft über die Leipziger Gemeinde zu erlangen. Sie war Sitz des neuapostolischen Verlages. Von dort aus wurde seit Jahresbeginn die wieder aufgelegte Wächterstimme aus Zion im Auftrag des Stammapostels herausgegeben. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der Evangelist Friedrich Wilhelm Krause von Stuttgart - also aus dem Arbeitsgebiet von Bischoff - nach Leipzig geschickt. Krause war dort kein Unbekannter, er war Schriftleiter in den ersten Jahren der Neuapostolischen Rundschau, bis er wieder nach Stuttgart zurückkehrte.
  
Er taucht dort nun auf und gibt vor, "mit besonderer Mission vom Stammapostel beauftragt" zu sein.<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 80</ref> Am 20. Februar 1921 hält der Evangelist Brückner den Gottesdienst als Krause wohl erstmals das Wort ergreifen will. Es wird ihm aber nicht erteilt. Daraufhin versucht er es in der Singstunde des Gemeindechores am Montagabend. Nach Darstellung von Witlof soll er dem Dirigenten öfters dazwischen gesprochen haben, bis dieser "ihn bat, stille zu sein, was auch erfolgte." Einige anwesende Frauen sollen daraufhin in Tränen ausgebrochen sein. Die Anspannung wuchs bis zum Mittwochabendgottesdienst, den Bischof Werner durchführte.<ref>Darstellung nach Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 82f</ref>
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Er tauchte dort nun auf und gab vor, "mit besonderer Mission vom Stammapostel beauftragt" zu sein.<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 80</ref> Am 20. Februar 1921 hält der Evangelist Brückner den Gottesdienst als Krause wohl erstmals das Wort ergreifen wollte. Es wurde ihm aber nicht erteilt. Daraufhin versuchte er es in der Singstunde des Gemeindechores am Montagabend. Nach Darstellung von Witlof soll er dem Dirigenten öfters dazwischen gesprochen haben, bis dieser "ihn bat, stille zu sein, was auch erfolgte." Einige anwesende Frauen sollen daraufhin in Tränen ausgebrochen sein. Die Anspannung wuchs bis zum Mittwochabendgottesdienst, den Bischof Werner durchführte.<ref>Darstellung nach Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 82f</ref>
 
{{Zitat|Während des Gottesdienstes suchte er [Werner] in ruhiger Weise die Gemeinde darüber aufzuklären, warum er den Ev. Krause nicht sprechen lassen könne, sagte auch den Grund, weil Ev. Krause zu unserem Apostel in Opposition stehe und zu befürchten sei, daß durch sein Auftreten die Spannun[g] in der Gemeinde zu einer Katastrophe führen würde und müßte. Da aber zwischen Stammapostel Niehaus und Apostel Brückner kein offizielle Bruch stattgefunden hat, demnach immer noch Apostel Brückner als Apostel für die Leipziger Gemeinde steht und haftbar und verantwortlich ist [...]<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 83</ref>}}
 
{{Zitat|Während des Gottesdienstes suchte er [Werner] in ruhiger Weise die Gemeinde darüber aufzuklären, warum er den Ev. Krause nicht sprechen lassen könne, sagte auch den Grund, weil Ev. Krause zu unserem Apostel in Opposition stehe und zu befürchten sei, daß durch sein Auftreten die Spannun[g] in der Gemeinde zu einer Katastrophe führen würde und müßte. Da aber zwischen Stammapostel Niehaus und Apostel Brückner kein offizielle Bruch stattgefunden hat, demnach immer noch Apostel Brückner als Apostel für die Leipziger Gemeinde steht und haftbar und verantwortlich ist [...]<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 83</ref>}}
 
Krause soll jedoch während des Gottesdienstes immer wieder dzwischengesprochen haben, weshalb ihn Werner schließlich aus dem Gemeindelokal führen lies. Daraufhin brach ein Aufruhr in der Gemeinde los:
 
Krause soll jedoch während des Gottesdienstes immer wieder dzwischengesprochen haben, weshalb ihn Werner schließlich aus dem Gemeindelokal führen lies. Daraufhin brach ein Aufruhr in der Gemeinde los:
 
{{Zitat|Einige schwache Frauen kreischten auf, als ob ein Unglück geschehen sei, andere weinten, viele Glieder standen auf, traten auf die Stühle und schrien und tobten. Ganz unsinnig gebärdete sich ein Amtsbruder, der schon bei Beginn des Dienstes mit ironischem Mienenspiel die Ausführungen des Bischofs Werner begleitet hatte. Die Gebärden des betr. Amtsbruders verstellten sich, er stürmte nun durch die Menge, zerrte den Ev. Krause wieder in den Raum und gebärdete sich wie ein Rasender, immer schreiend, ein Gesandter des Stammapostels, ein Gesandter des Stammapostels, als ob darin die Berechtigung läge, den Gottesdienst in ungehöriger Weise stören zu können. [...] Schreiber dieses setzte sich beiseite und konnte nur kopfschüttelnd mit einer tiefen Trauer im Herzen dieses Rasen und Toben beobachten [...]. Man vernahm seine eigene Stimme nicht mehr. In hellem Aufruhr, teils mit häßlichen Äußerungen, verließ die Menge das - Gotteshaus - und der Lärm pflanzte sich noch auf den Straßen fort.<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 83 f</ref>}}
 
{{Zitat|Einige schwache Frauen kreischten auf, als ob ein Unglück geschehen sei, andere weinten, viele Glieder standen auf, traten auf die Stühle und schrien und tobten. Ganz unsinnig gebärdete sich ein Amtsbruder, der schon bei Beginn des Dienstes mit ironischem Mienenspiel die Ausführungen des Bischofs Werner begleitet hatte. Die Gebärden des betr. Amtsbruders verstellten sich, er stürmte nun durch die Menge, zerrte den Ev. Krause wieder in den Raum und gebärdete sich wie ein Rasender, immer schreiend, ein Gesandter des Stammapostels, ein Gesandter des Stammapostels, als ob darin die Berechtigung läge, den Gottesdienst in ungehöriger Weise stören zu können. [...] Schreiber dieses setzte sich beiseite und konnte nur kopfschüttelnd mit einer tiefen Trauer im Herzen dieses Rasen und Toben beobachten [...]. Man vernahm seine eigene Stimme nicht mehr. In hellem Aufruhr, teils mit häßlichen Äußerungen, verließ die Menge das - Gotteshaus - und der Lärm pflanzte sich noch auf den Straßen fort.<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 83 f</ref>}}
  
Für den darauffolgenden Sonntag wurde auf 14:30 Uhr ein "Aufklärungsdienst" durch Apostel Brückner anberaumt, der Vormittagsgottesdienst wurde durch Bischof Werner abgesagt. Wieder entstand Tumult.
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Für den darauffolgenden Sonntag wurde auf 14:30 Uhr ein "Aufklärungsdienst" durch Apostel Brückner anberaumt, der Vormittagsgottesdienst wurde durch Bischof Werner abgesagt. Wieder entstand Tumult. Die Versammlung am Nachmittag lief dagegen zivilisierter ab. Man wählte zunächst einen Versammlungsleiter und legte eine Tagesordnung mit drei Punkten fest:
  
Die Versammlung am Nachmittag lief dagegen zivilisierter ab. Man wählte zunächst einen Versammlungsleiter und legte eine Tagesordnung mit drei Punkten fest:
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"Punkt 1: Aufklärung in der Sache Niehaus ./. Brückner. Referent: Ap. Brückner aus Dresden.
 
 
"Punkt 1: Aufklärung in der Sache Niehaus=Brückner. Referent: Ap. Brückner aus Dresden.
 
 
Punkt 2: Aussprache über eine geteilte Abhaltung der Gottesdienste.
 
Punkt 2: Aussprache über eine geteilte Abhaltung der Gottesdienste.
 
Punkt 3: Verschiedenes (Diskussion)."
 
Punkt 3: Verschiedenes (Diskussion)."
 
<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 86</ref>
 
<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 86</ref>
  
Im Rahmen seines Vortrages legt Brückner seine Kritikpunkte vor der Gemeinde dar [vgl. Abschnitt "Situation ab Oktober 1919"]. Manche seiner Aspekte muten dabei auch im Jahr 2017 noch durchaus modern an, wenn er beispielsweise ausführt:
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Im Rahmen seines Vortrages legte Brückner seine Kritikpunkte vor der Gemeinde dar [vgl. Abschnitt "Situation ab Oktober 1919"]. Manche seiner Aspekte muten dabei auch im Jahr 2017 noch durchaus modern an, wenn er beispielsweise ausführt:
 
{{Zitat|Es soll hervorgehoben werden das Fehlen jeglicher ernsthafter Brüderkonferenzen, die Geheimhaltung der Apostelkonferenzen, wo doch das ganze Volk ein lebhaftes Interesse daran hat, zu erfahren, was eigentlich auf den Apostelkonferenzen getan wird, ob sie wirklich nützliche produktive Arbeit für die Gemeinden leisten oder ib sie nur zu irgendwelchen menschlichen Zwecken als Dekoration dienen, un der Abbruch mit der bisherigen Geheimtuerei. [...] Die Frage entsteht, ob es nicht Zeit ist für ein gesundes Maß von Selbstverwaltung der Gemeinden in mancherlei Beziehungen.<ref>Brückner, C.A.: Referat in der neuapostolischen Gemeinde Leipzig, 27.02.1921. In: Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S.87</ref>}}
 
{{Zitat|Es soll hervorgehoben werden das Fehlen jeglicher ernsthafter Brüderkonferenzen, die Geheimhaltung der Apostelkonferenzen, wo doch das ganze Volk ein lebhaftes Interesse daran hat, zu erfahren, was eigentlich auf den Apostelkonferenzen getan wird, ob sie wirklich nützliche produktive Arbeit für die Gemeinden leisten oder ib sie nur zu irgendwelchen menschlichen Zwecken als Dekoration dienen, un der Abbruch mit der bisherigen Geheimtuerei. [...] Die Frage entsteht, ob es nicht Zeit ist für ein gesundes Maß von Selbstverwaltung der Gemeinden in mancherlei Beziehungen.<ref>Brückner, C.A.: Referat in der neuapostolischen Gemeinde Leipzig, 27.02.1921. In: Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S.87</ref>}}
  
 
Der zweite Punkt der Tagesordnung wurde fallengelassen.<ref>vgl. Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 100</ref>
 
Der zweite Punkt der Tagesordnung wurde fallengelassen.<ref>vgl. Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 100</ref>
  
Unter den nun folgenden Rednern befindet sich auch Friedrich Wilhelm Krause, der Abgesandte des Stammapostels:
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Unter den nun folgenden Rednern befand sich auch Friedrich Wilhelm Krause, der Abgesandte des Stammapostels:
 
{{Zitat|Er erzählte, daß er von Stuttgart über Frankfurt nach Bielefeld gefahren sei und dort eine Nacht beim "Vater" geschlafen und die Freude gehabt habe, den großen Segen aus seinem Munde und goldenen Herzen hinzunehmen. [...] Den Vortrag des Ap. Brückners wolle er stehen lassen; denn das Papier sei geduldig und ablesen lasse es sich leicht. Dann gab er seiner Entrüstung Ausdruck, daß die Schande des Stammapostels und der Mitapostel aufgedeckt werde. [...] Er stellte dann Ap. Brückner in spöttischem Tone als unfehlbar hin. [...] Des Stammapostels Schande vor den Gliedern öffentlich aufzudecken, die Gegensätze könnten nicht größer sein. [...] Weitergehend ließ er sich in überhebender Weise aus, daß alle diejenigen, welche auf die Weisheit, Wissenschaft bauten, gesunken seien und den zweiten Sündenfall eines Adam gemacht hätten. Dann rühmte er sich, nach sieben Jahren wieder den alten Posten als Redakteur einnehmen zu können. [...] Dann sei festzustellen, daß seit Jahren der Geisteszug in der Rundschau abwärts führe, da der Stammapostel nichts mehr hineinzureden gehabt habe. Es mußte ein anderes Blatt gefunden, der Schleier hinweggezogen werden. [...] Es solle nun anders werden, dabei las er die auf der Titelseite der Wächterstimme stehende Bekanntmachungen vor, spielte noch auf die Apostelsatzung an, verlas die neue Parole der Wächterstimme und trat ab.<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 102 f.</ref>}}
 
{{Zitat|Er erzählte, daß er von Stuttgart über Frankfurt nach Bielefeld gefahren sei und dort eine Nacht beim "Vater" geschlafen und die Freude gehabt habe, den großen Segen aus seinem Munde und goldenen Herzen hinzunehmen. [...] Den Vortrag des Ap. Brückners wolle er stehen lassen; denn das Papier sei geduldig und ablesen lasse es sich leicht. Dann gab er seiner Entrüstung Ausdruck, daß die Schande des Stammapostels und der Mitapostel aufgedeckt werde. [...] Er stellte dann Ap. Brückner in spöttischem Tone als unfehlbar hin. [...] Des Stammapostels Schande vor den Gliedern öffentlich aufzudecken, die Gegensätze könnten nicht größer sein. [...] Weitergehend ließ er sich in überhebender Weise aus, daß alle diejenigen, welche auf die Weisheit, Wissenschaft bauten, gesunken seien und den zweiten Sündenfall eines Adam gemacht hätten. Dann rühmte er sich, nach sieben Jahren wieder den alten Posten als Redakteur einnehmen zu können. [...] Dann sei festzustellen, daß seit Jahren der Geisteszug in der Rundschau abwärts führe, da der Stammapostel nichts mehr hineinzureden gehabt habe. Es mußte ein anderes Blatt gefunden, der Schleier hinweggezogen werden. [...] Es solle nun anders werden, dabei las er die auf der Titelseite der Wächterstimme stehende Bekanntmachungen vor, spielte noch auf die Apostelsatzung an, verlas die neue Parole der Wächterstimme und trat ab.<ref>Witlof: Durch Nacht zum Licht, Dresden 1921, S. 102 f.</ref>}}
  
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{{Zitat|Als er [Brückner] von der Leipziger Revolution, wo er drei Tage und Nächte durchgekämpft hatte, und dann am Sonntag abend zurückkam, und die ganze Gemeinde [Dresden?] sah, wie der Mann zugerichtet war und kein Blutstropfen in seinem Angesicht bald mehr zu sehen war, da kam aber die Gemeinde unter Tränen und stand wie ein Mann um Brückner, als sie hörten, er solle abgetan werden [...]. Kurze Zeit darauf kam die Brandstiftung von Krause in die Gemeinde Halle, wo dann Brückner Ihnen [Niehaus] den Brief, das sogenannte Ultimatum, in der großen Geisterhitze schrieb, ein Stück, was mir nicht gefiel, aber versetze sich ein jeder dahinein, und was alles gelogen und entstellt worden ist [...].<ref>Ecke, M.: Brief an Niehaus vom 23. April 1921. In: Witlof: Kein Abfall sondern ausgestoßen!, Leipzig 1921, S. 38</ref>}}
 
{{Zitat|Als er [Brückner] von der Leipziger Revolution, wo er drei Tage und Nächte durchgekämpft hatte, und dann am Sonntag abend zurückkam, und die ganze Gemeinde [Dresden?] sah, wie der Mann zugerichtet war und kein Blutstropfen in seinem Angesicht bald mehr zu sehen war, da kam aber die Gemeinde unter Tränen und stand wie ein Mann um Brückner, als sie hörten, er solle abgetan werden [...]. Kurze Zeit darauf kam die Brandstiftung von Krause in die Gemeinde Halle, wo dann Brückner Ihnen [Niehaus] den Brief, das sogenannte Ultimatum, in der großen Geisterhitze schrieb, ein Stück, was mir nicht gefiel, aber versetze sich ein jeder dahinein, und was alles gelogen und entstellt worden ist [...].<ref>Ecke, M.: Brief an Niehaus vom 23. April 1921. In: Witlof: Kein Abfall sondern ausgestoßen!, Leipzig 1921, S. 38</ref>}}
  
Krause, der schon die Gemeinde Leipzig aufgewiegelt hat, hatte nun also Einfluss auf die Gemeinde der nicht weit entfernten Stadt Halle ausgeübt, was Brückner am 4. März<ref>vgl. Niehaus, H.: Brief an C.A. Brückner. In: Witlof: Kein Abfall sondern ausgestoßen!, Leipzig 1921, S. 22</ref> zu einem Ultimatum offenbar in Richtung Niehaus bewegt hat. - Dieses Schreiben liegt derzeit noch nicht vor.<ref>Es ist vermutlich neben anderen aus dem Zeitraum Februar/März 1921 in der Broschüre "Unschuldig verstoßen" abgedruckt, die dem Verfasser leider noch nicht vorliegt.</ref>  
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Krause, der schon die Gemeinde Leipzig aufgewiegelt hatte, hatte nun auch Einfluss auf die Gemeinde der nicht weit entfernten Stadt Halle ausgeübt, was Brückner am 4. März<ref>vgl. Niehaus, H.: Brief an C.A. Brückner. In: Witlof: Kein Abfall sondern ausgestoßen!, Leipzig 1921, S. 22</ref> zu einem Ultimatum offenbar in Richtung Niehaus bewegt hat. - Dieses Schreiben liegt derzeit noch nicht vor.<ref>Es ist vermutlich neben anderen aus dem Zeitraum Februar/März 1921 in der Broschüre "Unschuldig verstoßen" abgedruckt, die dem Verfasser leider noch nicht vorliegt.</ref>  
  
 
Hier überschneiden sich jetzt die Ereignisse, denn gleichzeitig versuchten Brückners Sohn Werner Brückner und Neffe Robert Brückner durch einen Besuch beim Stammapostel in Quelle/Steinhagen noch einen Vermittlungsversuch, über den Ecke berichtet: {{Zitat|Auf Wunsch von Apostel Brückner machten sich zwei Brüder auf und fuhren nach Bielefeld zum Stammapostel, um dort eine Versöhnung zu erreichen. Auch Apostel J. G. Bischoff war dort. Nach den langen Auseinandersetzungen zwischen dem Stammapostel und den zwei Brüdern sagte dann der Stammapostel: "Gut, wir lassen nun alle anklagenden Briefe unter den Tisch fallen, und Vater und Sohn (Niehaus und Brückner) versöhnen sich wieder." Die beiden Brüder fuhren daraufhin voller Freude von Steinhagen (dem Wohnort von Niehaus) nach Bielefeld in ihr Quartier, telegraphierten aber zuvor an ihren Apostel Brückner in Dresden: "Versöhnung im Gange!" — Dies Telegramm war für uns eine weiße Taube. — Als die beiden Brüder am andern Morgen erneut zum Stammapostel kamen, war dieser wie umgekehrt. J. G. Bischoff, der beim Stammapostel in jener Nacht Quartier hatte, bearbeitete Vater Niehaus derart, daß er völlig umgestimmt war. Im April 1921 berief Niehaus und Bischoff eine Apostelversammlung nach Bielefeld ein, wozu aber Brückner nicht eingeladen wurde. Ich selbst konnte nicht eingeladen werden, da ich immer noch sehr krank war.<ref>Der Herold, Ausgabe 01.09.1955, Seite 1-5</ref>}}
 
Hier überschneiden sich jetzt die Ereignisse, denn gleichzeitig versuchten Brückners Sohn Werner Brückner und Neffe Robert Brückner durch einen Besuch beim Stammapostel in Quelle/Steinhagen noch einen Vermittlungsversuch, über den Ecke berichtet: {{Zitat|Auf Wunsch von Apostel Brückner machten sich zwei Brüder auf und fuhren nach Bielefeld zum Stammapostel, um dort eine Versöhnung zu erreichen. Auch Apostel J. G. Bischoff war dort. Nach den langen Auseinandersetzungen zwischen dem Stammapostel und den zwei Brüdern sagte dann der Stammapostel: "Gut, wir lassen nun alle anklagenden Briefe unter den Tisch fallen, und Vater und Sohn (Niehaus und Brückner) versöhnen sich wieder." Die beiden Brüder fuhren daraufhin voller Freude von Steinhagen (dem Wohnort von Niehaus) nach Bielefeld in ihr Quartier, telegraphierten aber zuvor an ihren Apostel Brückner in Dresden: "Versöhnung im Gange!" — Dies Telegramm war für uns eine weiße Taube. — Als die beiden Brüder am andern Morgen erneut zum Stammapostel kamen, war dieser wie umgekehrt. J. G. Bischoff, der beim Stammapostel in jener Nacht Quartier hatte, bearbeitete Vater Niehaus derart, daß er völlig umgestimmt war. Im April 1921 berief Niehaus und Bischoff eine Apostelversammlung nach Bielefeld ein, wozu aber Brückner nicht eingeladen wurde. Ich selbst konnte nicht eingeladen werden, da ich immer noch sehr krank war.<ref>Der Herold, Ausgabe 01.09.1955, Seite 1-5</ref>}}
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Doch die Situation ist verfahren. Niehaus geht auf eine zehntägige Reise und schreibt erst nach seiner Rückkehr am 22. März zurück: {{Zitat|Ihr Zirkularbrief vom 1. März liegt vor mir, so auch das Ultimatum und andere Briefe, deren nicht wenige, die erkennen lassen, was gepredigt wird, so ist der Glaube. [...] ihr Schreiben vom 1. März an die Vorsteher läßt mich erkennen, was es für ein Geist ist, in dem Sie stehen. Bleiben Sie doch bei der Wahrheit. Wer hat es in den Sinn genommen, daß wir Ihre Geldschätze haben wollen und um die Seelen nichts geben. [...] Wir wollen nur wissen, wie es um den Bücherverlag und Drucksachen [steht], ob wir Schulden haben oder Vermögen, das ist Werksgut. [...] Ihre Gesandte waren hier, die sollten Frieden machen, hatten aber das Ultimatum in der Tasche. [...] In dem Briefe vom 1. März lese ich, was Sie alles vorhaben einzurichten dort, andere Satzung und was alle[s], wozu eine Apostelversammlung nötig ist, das zu beschließen, und die Genehmigung vom Stammapostel. Das soll keine Abweichung sein. [...] Wer Wind säet, wird Sturm ernten, und wer die Herzen mit Stroh und Holz füllet, der soll sich auch nicht wundern, wenn das Feuer himmelhoch geht.<ref>Niehaus, H.: Brief an C.A. Brückner. In: Witlof: Kein Abfall sondern ausgestoßen!, Leipzig 1921, S. 21 f</ref>}}
 
Doch die Situation ist verfahren. Niehaus geht auf eine zehntägige Reise und schreibt erst nach seiner Rückkehr am 22. März zurück: {{Zitat|Ihr Zirkularbrief vom 1. März liegt vor mir, so auch das Ultimatum und andere Briefe, deren nicht wenige, die erkennen lassen, was gepredigt wird, so ist der Glaube. [...] ihr Schreiben vom 1. März an die Vorsteher läßt mich erkennen, was es für ein Geist ist, in dem Sie stehen. Bleiben Sie doch bei der Wahrheit. Wer hat es in den Sinn genommen, daß wir Ihre Geldschätze haben wollen und um die Seelen nichts geben. [...] Wir wollen nur wissen, wie es um den Bücherverlag und Drucksachen [steht], ob wir Schulden haben oder Vermögen, das ist Werksgut. [...] Ihre Gesandte waren hier, die sollten Frieden machen, hatten aber das Ultimatum in der Tasche. [...] In dem Briefe vom 1. März lese ich, was Sie alles vorhaben einzurichten dort, andere Satzung und was alle[s], wozu eine Apostelversammlung nötig ist, das zu beschließen, und die Genehmigung vom Stammapostel. Das soll keine Abweichung sein. [...] Wer Wind säet, wird Sturm ernten, und wer die Herzen mit Stroh und Holz füllet, der soll sich auch nicht wundern, wenn das Feuer himmelhoch geht.<ref>Niehaus, H.: Brief an C.A. Brückner. In: Witlof: Kein Abfall sondern ausgestoßen!, Leipzig 1921, S. 21 f</ref>}}
  
Am 17. April 1921 unterzeichnete Stammapostel Hermann Niehaus und acht weitere Apostel schließlich die Amtsenthebung des Carl August Brückners.
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Am 17. April 1921 unterzeichnete Stammapostel Hermann Niehaus und acht weitere Apostel schließlich die Amtsenthebung des Carl August Brückner.
  
 
===Folgen des Ausschlusses Brückners===
 
===Folgen des Ausschlusses Brückners===
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Daraufhin wird auch Ecke durch Niehaus seines Amtes enthoben und aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen.
 
Daraufhin wird auch Ecke durch Niehaus seines Amtes enthoben und aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen.
  
Schon am 5. Mai 1921 hatten sich in Dresden die Amtsträger des Bezirkes versammelt und eine Protestnote an den Stammapostel geschickt. Diese wurde von jeweils einem Apostelhelfer und Bischof, sechs Bezirksältesten, drei Gemeindeältesten, fünf Evangelisten, sieben Hirten und 66 Priester und Gemeindevorstehern (also ingesamt 89) sowie "einer großen Zahl nicht namentlich angeführter Diakonen und Unterdiakonen" unterzeichnet.<ref>vgl. Brückner, Robert: Offener Brief an die Apostel des Neuapostolischen Gemeindeverbandes, Leipzig 1921, S. 33</ref> Dieses Datum gilt als die Geburtsstunde des [[Reformiert-Apostolischer_Gemeindebund|Reformiert-apostolischen Gemeindebundes]], der sich jedoch erst 1924 vereinsrechtlich organisiert.
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Schon am 5. Mai 1921 hatten sich in Dresden die Amtsträger des Bezirkes versammelt und eine Protestnote an den Stammapostel geschickt. Diese wurde von jeweils einem Apostelhelfer und Bischof, sechs Bezirksältesten, drei Gemeindeältesten, fünf Evangelisten, sieben Hirten und 66 Priester und Gemeindevorstehern (also ingesamt 89) sowie "einer großen Zahl nicht namentlich angeführter Diakone und Unterdiakone" unterzeichnet.<ref>vgl. Brückner, Robert: Offener Brief an die Apostel des Neuapostolischen Gemeindeverbandes, Leipzig 1921, S. 33</ref> Dieses Datum gilt als die Geburtsstunde des [[Reformiert-Apostolischer_Gemeindebund|Reformiert-apostolischen Gemeindebundes]], der sich jedoch erst 1924 vereinsrechtlich organisierte. Es waren bis dahin unabhängige Gemeinden, die sich dann zu einem Bund zusammenschlossen.
  
 
===Rechtsstreitigkeiten===
 
===Rechtsstreitigkeiten===

Version vom 7. März 2017, 20:59 Uhr