Harmonium

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Das Harmonium (pl. Har-mo-ni-en) ist ein Tasteninstrument, bei dem der Ton durch verschieden lange schwingende Zungen erzeugt wird. Ein der Pfeifenorgel ähnliches Balgsystem sorgt für die Windversorgung. Beim Harmonium ist das Windsystem häufig pedalbetrieben. Es gibt druckwindbetriebene Harmonien ("französisches System"), bei denen der Wind durch die Zungen gedrückt wird, und Harmonien mit Saugwind, dort wird der Wind durch die Zungen gesogen. Saugwindharmonien sind das heute am häufigsten vorkommende System, prominente Hersteller waren in Deutschland z.B. Lindholm und Mannborg.

Zunge eines Saugwindharmoniums.
Kleines Harmonium der Firma Mannborg (ca. 1924) für den mobilen Einsatz.
Beyer-Harmonium (ca. 1935) im Archiv Brockhagen.
Verschiedene Anzeigen der Fa. Beyer Harmoniumbau in Unsere Familie und Kalender Unsere Familie der 1930er Jahre.

Die nächsten Verwandten des Harmoniums sind das Akkordeon und die Mundharmonika.

Im Gegensatz zu den Pfeifen der Orgel produzieren die Zungen des Harmoniums mehr unharmonische Obertöne, wodurch ein weniger reiner Klang entsteht, den man besonders beim Saugwindharmonium durch enge Kanzellen abzudämpfen versuchte. Dadurch erhält das Saugwindharmonium einen weichen, summenden, teilweise orgelartigen Klang. Das Druckwindharmonium ist dagegen kräftiger und schärfer im Ton und in der Klangfarbe mit einem guten Akkordeon vergleichbar.

Geschichte

Katholisch-apostolische Gemeinden

Schon in den katholisch-apostolischen Gemeinden gibt es Beispiele für den Einsatz von Harmonien als Orgelersatz, so in der katholisch-apostolischen Gemeinde in Leipzig-Lindenau, wo ein amerikanisches Saugwindharmonium eingesetzt wird.

Neuapostolische Kirche

Mit der Ausbreitung der Neuapostolischen Kirche um 1900 stieg auch der Bedarf an günstigen Instrumenten stark an. Zu dieser Zeit waren elektronische Instrumente keine Alternative, Pfeifenorgeln zu teuer und für viele Lokale ungeeignet. Auch Druckwindharmonien waren teurer und zudem verhältnismäßig scharf intoniert, so dass sie für das damals vorherrschende Liedgut und den Gebrauch des Instruments weniger geeignet erschienen.

So wurde das Harmonium in der weicheren Saugwindvariante als Orgelersatz zum Standardinstrument der frühen Neuapostolischen Kirche. Das Melodienbuch zum Gesangbuch von 1925 richtet sich ausdrücklich auch an Harmoniumspieler, wobei es bisher keinen Hinweis auf eigene Kompositionen für Harmonium oder besonders gesetzte Liedstücke gibt. Von der Neuapostolischen Gemeinde/Kirche wurden Instrumente verschiedener namhafter Hersteller mit meist kleinerer Disposition angekauft.

1928 wurde ein Rahmenvertrag zwischen Neuapostolischer Kirche und der Harmoniumwerkstatt Beyer in Bielefeld[1] zur Lieferung eigens angefertigter Saugwindinstrumente geschlossen. Bis in die 1960er Jahre wurden von diesem Hersteller rund 2.000 Instrumente für die Neuapostolische Kirche gebaut.[2]

In anderen Regionen wurden für die Neuapostolische Kirche sogar bis in die 1990er Jahre Harmonien aufgearbeitet bzw. sogar neu erstellt (z.B. durch die Firma Steirer-Stahl in Bissingen). Diese meist klein disponierten Instrumente wurden zuletzt in die missionarisch betreuten Regionen Osteuropas versandt, wo sie in kleineren Räumlichkeiten ohne stabile Stromversorgung für Gottesdienste genutzt wurden.

Noch heute findet sich in vielen älteren neuapostolischen Kirchengebäuden ein Harmonium, meist in den Neben- oder Abstellräumen. Nach der Jahrtausendwende erlebt das Instrument als Konzertinstrument eine kleine Wiederbelebung. An verschiedenen Orten (z.B. Wiesbaden) wurden die vorhandenen Instrumente restauriert und eingesetzt.

Apostolische Gemeinschaft

Auch in der Apostolischen Gemeinschaft wurden nach der Trennung von der Neuapostolischen Kirche noch vereinzelt Saugwindharmonien auch der Firma Beyer angekauft und eingesetzt. Aufgrund der beschränkten finanziellen Mittel wurden die Instrumente noch Jahrzehnte lang genutzt.

Einzelnachweise

  1. Siehe die Herstellerseite Beyer-Klaviere.de
  2. Siehe den Bericht über die Woche des Harmoniums bei der NAK NRW (2010).